KF-28 - Seekajak-Tour Dalmatien/Kornaten - 12. Tag - 20.08.2015


verfasst 2016 - geändert am 13.05.2016


Die dazugehörenden Kapitel im Reisebericht: „Zum Donnerwetter mit dem Seekajakherz“ von meiner Paddelpartnerin Suomalee findet Ihr bei den „Outdoorseiten“ im Post #29 mit den Überschriften:

ECHT HAMMER DIE WOLKEN“ und „DIE HÖHLE IST BESETZT“ ---> klicke: “hier“
(Quelle:
https://www.outdoorseiten.net/forum/showthread.php/88614-HR-Zum-Donnerwetter-mit-dem-Seekajakherz?p=1432761&viewfull=1#post1432761)



Bild 01: Der Streckenplan vom 20.08.2015, mit „google-earth“ erstellt.


Etmal: 20,8 km - gepaddelte Strecke gesamt: 206,7 km


Der Morgen startete ruhig, Sonnenschein, klare Sicht - der Beginn von einem wunderschönen Tag, angesichts des angenehmen Wetters beim Aufwachen. Aber der Schein trog! Bei einem prüfenden Blick nach Norden und Nordwesten konnte man die Vorboten einer Bora erkennen. Dabei stellte sich die Frage, wann sie losbrechen wird und ob wir hier von ihr tangiert würden.


Die Beobachtungen deckten sich auch mit den Vorhersagen im Wetterbericht. Darin hieß es, heute würden sich am Vormittag Wolken und Sonne ablösen und am Nachmittag nur mehr die Sonne scheinen. Ein frischer Wind sollte am Vormittag aus Südosten kommen, allerdings dann auf Nord drehen und auffrischen, am Nachmittag stürmisch aus Norden blasen und in der Nacht bei gleicher Stärke aus Nordosten.

 


Bild 02: Blick nach Norden - Die Stadt an der Küste heißt Pakostane und links dahinter, im Dunst versteckt, beginnt, in einer Entfernung von knapp 50 Kilometern von hier, das Velebit-Gebirge und parallel dazu der gleichnamige -Kanal, die sich nach Nordwesten ausdehnen. Leider kann man die weißen „Mützen“, die sich über das gesamte Gebirge gebildet haben, auf dem Foto nicht so gut erkennen. Diese Wolkenbänder, die sich hier langsam aufbauen, sind die Vorboten einer Bora. Sie beginnt, wenn sich die Luftmassen vom Gebirgskamm aus, zum Velebit-Kanal hinabstürzen. Nach der Dreitages-Wettervorhersage hätte das Ereignis irgendwann am Nachmittag eintreten sollen.


Wir brachen zeitig unser Lager ab und paddelten um die Kirchenhalbinsel in den Hafen von Vrgada, kauften noch einmal in einem kleinen Laden ein, auch etwas Gebäck und klapperten dann die nordöstlichen Buchten der Insel ab, um einen Platz zu finden, für eine Brotzeit vor der Überfahrt zur „Geburtstagsinsel“ Veli Tetovisnjak. In der letzten Buch bot sich eine Möglichkeit, bequem an Land zu gehen.


Zwischenstopp auf der Insel Vragada

Nord: 43 grd, 51 min, 04 sec - Ost: 15 grd, 30 min, 52 sec


Die Bucht war zwar mit zwei Motorbooten belegt, aber wir hatten nicht vor, hier zu kampieren, sondern landeten an, um eine kurze Jausenpause einzulegen, damit wir gestärkt unsere Reise fortsetzen konnten.


Nach der nötigen Kalorienzufuhr mit dem mitgebrachten Gebäck machten wir es uns in unseren Kajaks bequem, richteten unser Equipment her: Lee den Fotoapparat, ich sicherheitshalber das GPS-Gerät.



Bild 03: Bei nahezu glatter See paddelten wir los. Am Himmel entwickelte sich ein Schauspiel, in dem die Wolken ihr Können zeigten: Schäfchenwolken, Quellwolken, Hammerwolken, Ambosswolken, Regenwolken, alles war rund um uns vertreten und vollzogen einen aufregenden Tanz mit eindrucksvoller Choreographie und das bei strahlender Sonne über uns.

 


Bild 04: Die See wurde durch den Südostwind etwas unruhiger und die Wolken setzten über den Kornaten und den südlicheren Inseln zum theatralischen Höhepunkt mit Regenschauern an. Zum Glück wohnten wir keiner modernen Inszenierung bei, bei der das Publikum mit einbezogen wird. Und so erreichten wir unser Ziel bei strahlendem Sonnenschein. Genaueres über Navigation und Kurskorrektur erfahrt Ihr unter „Anmerkung und Tipp“


Vor der „Geburtstagsinsel“ angekommen, begannen wir die Insel entgegen dem Uhrzeigersinn zu umrunden, um auf die Südseite zu unserem Lagerplatz zu gelangen. Das GPS-Gerät führte uns genau zu unserer Anlandestelle. Die Koordinaten unseres Lagers hatte ich ja bei unserem ersten Besuch obligatorisch gespeichert.


Ankunft im Lager auf der Insel Veli Tetovisnjak

Nord: 43 grd, 43 min, 14 sec - Ost: 15 grd, 35 min, 49 sec


Wir booteten an der bereits bekannten Stelle aus und legten unsere Kajaks auf die Steinplatte. Schnell war der Planen-Katamaran aufgebaut und die Zeltstangen sturmsicher abgespannt.



Bild 05: Der Planen-Katamaran als Sonnendach am frühen Nachmittag - Er lud ein, unseren letzten Aufenthalt auf dem Meer sehr angenehm zu gestalten. Es war ein herrlicher Nachmittag, warm, heiß in der prallen Sonne, angenehm im Schatten unter dem luftigen Zeltdach. Wir verbrachten Mußestunden, die wir in den vergangenen Tagen vermisst hatten. Wir lebten das Dolcefarniente. Wir ließen unsere Tour noch einmal Revue passieren. Wir gedachten der Höhen und Tiefen auf der heurigen Fahrt. Dieser erholsame Nachmittag krönte den Abschluss unserer Reise, die uns sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird.


Jeder ging zunächst eine Zeit lang seinen eigenen Weg: Lee vervollständigte ihre Aufzeichnungen, fotografierte, und ich streifte am Ufer entlang, ging auf Entdeckungsreise, Strandgutsuche bis ich in die Richtung schauen konnte, aus der wir gekommen waren, nach Norden.

 


Bild 06: Blick nach Norden zur Insel Murter und zum Velebit-Gebirge. Die Wolken auf den Bergkämmen hatte sich noch nicht in Bewegung gesetzt, waren aber zu riesigen Wolkenwalzen angeschwollen. Sie warteten wahrscheinlich nur auf das Zeichen von Äolus, dem Gott des Windes, endlich losstürmen zu dürfen.



Bild 07: Beschwichtigungsritual für den Wettergott in unserer heidnischen „Gebetsgrotte“ - Wir hatten allen Grund dazu, denn nach dem Sonnenuntergang frischte der Wind aus Norden auf und begann dann richtig zu blasen. Zum Abbrennen der Geburtsagsfackel-Stumpen mussten wir uns eine einigermaßen windstille Nische im Felsen suchen, damit wir sie überhaupt ianzünden konnten.


Äolus scheint unser Brandopfer verschmäht zu haben. Bereits beim Abendessen, fühlte sich der Wind aus Nord unangenehm an. Nachdem wir uns aber zur Ruhe begeben hatten, begann er richtig zu wehen, drehte in der Nacht auf Nordost und entwickelte sich zum Sturm, zu einer Bora eben. Wir hatten uns in unsere Schlafsäcke verkrochen, unter den Planen-Katamaran, der die Windmassen voll von der Breitseite abbekam.


Das ging eine Zeitlang sehr gut, bis ich bemerkte, dass das Zeltgestänge und die Abspannungen zwar dem Windruck standhielten, aber nicht die Plane. Sie begann an den First-Ösen auszureißen. Um zu retten, was noch zu retten war, entschloss ich mich, die Plane abzubauen. Zum Glück war der Regen ausgeblieben, sodass wir uns nur mit der Bora auseinandersetzten mussten. Die allerdings machte ihrem Namen alle Ehre.


Ich erinnerte mich an das Ausweichquartier gleich hinter dem nächsten Felsbrocken mit der höheren Steinwand, das ich bei unserem ersten Besuch entdeckt hatte. Ich ging hinüber und stellte fest, dass es dort wesentlich windstiller war. Ich schlug Lee vor, dorthin umzuziehen. Aber Lee war davon nicht sehr begeistert, so dick in ihrem Schlafsack eingemummelt wie sie war und wollte lieber hier bleiben. Deshalb zog ich alleine um. Kurze Zeit später tauchte aber auch Lee im „Separee“ auf, mit Schlafsack, Matte und Unterlage unterm Arm. Wir richteten uns ein. Der Wind war kaum noch zu spüren, weil er über die Felsen hinwegfegte. Ich schlief langsam ein.


Was Lee in dieser Nacht noch widerfahren ist, hat sie in ihrem Kapitel „DIE HÖHLE IST BESETZT“ sehr anschaulich und eindrucksvoll beschrieben. - Absolut lesenswert! (Link: siehe oben)


Anmerkung und Tipp:


Apropos: Geburtstagsinsel „erreichen“


Das Sprichwort: „Gebranntes Kind scheut das Feuer“ hatte ich mir zu Herzen genommen und den Kurs bei rund 12 Kilometer reiner Überfahrt nicht nur aus der Erinnerung festgesetzt, sondern dieses Mal mit dem modernen Hilfsmittel GPS. Natürlich hätte auch der Kompasskurs alleine ausgereicht, aber ich wollte unbedingt sichergehen - deshalb doppelt gemoppelt: Kompasskurs aus Karte: 155 Grad und das GPS auf die „Goto-Funktion“ gestellt.


Interessant war, dass ich anfangs nicht unsere Zielinsel entdecken konnte, als wir um die Südspitzen von Vrgada und Murvenjak gepaddelt waren und das gesamte Panorama der Inseln vor uns, von Ost bis nach West, zum ersten Mal erblickt hatten. Instinktiv hätte ich viel zu weit westlich unsere „Geburtstagsinsel“ vermutet. Erst der Kompasskurs und später auch das GPS-Gerät führten mich zum richtigen Ziel. Die Insel selbst konnte ich aus dem Konglomerat von einzelnen Inseln nicht ausmachen. Alle waren, wieder einmal, miteinander so verwoben, dass sich auf den ersten Blick nur eine einheitliche Skyline von Küstenstreifen vor mir auftat. Erst beim Näherkommen zeichnete sich unsere „Geburtstagsinsel“ von den anderen deutlich ab, obwohl sie sich weit im Vordergrund der „270-Grad-Ansicht“ befunden hatte.


Korrektur der Abdrift


Die leichte Brise am Vormittag aus Südost löste eine Strömung durch Wind und Wellen nach Nordwest aus, die sich auch bei unseren Kajaks bemerkbar machte. Diese Abdrift korrigierten wir, indem wir 10 bis 15 Grad nach Südosten (Kompasskurs: 140 bis 145 Grad) vorhielten, immer unser Ziel in den Augenwinkeln. Wir wollten in der „Direttissima“ ankommen und keine Hundekurve paddeln.


Es gibt zwei Methoden bei sichtbarem Ziel, eine Abdrift mit dem Kompass feststellen zu können:


1 - Man paddelt auf das Ziel zu und erkennt am Kompass, dass sich der Kurs verändert und man eine Hundekurve fährt. Vergrößert sich die Kompasszahl (z.B. von 155 Grad auf 160 Grad) treibt man nach links ab. Verkleinert sich die Kompasszahl (z.B. von 155 Grad auf 145 Grad), treibt man nach rechts ab. Eine Ausnahme besteht, wenn man nach Norden fährt und die Abdrift überschreitet die magnetische Nordrichtung. Dann zeigt die Kompassnadel um 360 Grad falsch an. (z.B. von 355 Grad auf 10 Grad bei einer Abweichung von 15 Grad nach links oder von 5 Grad auf 345 Grad bei einer Abweichung von 20 Grad nach rechts)


2 - Man paddelt stur den Kompasskurs und erkennt an der Zielpeilung mit dem Kajaksteven direkt, dass man in eine bestimmte Richtung abgetrieben wird.


Tipp zum Feststellen der Abdrift und Kurskorrektur


Ich persönlich kombiniere beide Methoden: In der Regel paddle ich genau auf das Ziel zu, weil ich dann nicht ständig auf den Kompass achten muss und das Panorama genießen kann. Wenn ich merke, dass sich die Kompasszahl verändert, drehe ich den Kajak auf den vorbestimmten Kompasskurs und sehe sofort und eindeutig, in welche Richtung ich treibe und wie weit ich bereits von der Strömung versetzt worden bin. Das erspart mir das ständige Überlegen, wie unter Punkt 1 beschrieben, was sicherlich auch der bayerischen Bequemlichkeit geschuldet ist. - Kajaker, die nördlich des Weißwurst-Äquators (Ist das nun der Main, die Donau oder neuerdings sogar schon die Isar?) beheimatet sind, behaupten felsenfest, wir Bayern seien nur zu faul zum Denken. (Smiley: „Lächeln“) - Nein, Spaß beiseite, nach meiner simplen Methode schließe ich einfach mehrere Fehlerquellen von vornherein aus, auch gedankliche! Außerdem kann ich direkt feststellen, wie weit ich mich von meinem Ziel bereits entfernt habe und bekomme dann die Möglichkeit, meinen Kurs entsprechend zu korrigieren.


Bei kleinen überschaubaren Inseln korrigiere ich den Kurs soweit (meist reichen 10 bis 15 Grad des Kompasskurses entgegen der Abdrift), dass ich immer auf den Rand der Insel zufahre, aus der die Drift kommt. Damit habe ich eine gewisse Sicherheit, auch bei unterschiedlich starken Strömungen zum Ziel hin versetzt zu werden und nicht von der Insel weg. Eine regelmäßige Überprüfung der Position nach meiner persönlichen Methode ist aber unbedingt erforderlich!


Kleiner Tipp zur sicheren Festlegung des Kurses


Wenn ich im Lager am Nachmittag meinen neuen Kurs bestimme und ich mein Ziel sehe, dann richte ich den Kajak auf das Ziel aus, lese die Kompasszahl ab und vermerke sie in meinen Unterlagen. Dadurch habe ich den genauen Kompasskurs bestimmt! Berichtigungen wie Missweisung, Deviation usw. sind nicht mehr erforderlich. Dann kann am nächsten Tag beim Start ruhig Nebel herrschen, es diesig sein oder Regen fallen, ich bin mir absolut sicher, den richtigen Kurs zu steuern, auch wenn ich mein Ziel nicht sehen kann. Eine mögliche Abdrift ist bei dieser Methode logischerweise nicht berücksichtigt.


Ist der Kajak nicht verfügbar (z.B. schon im Lager mit eingebaut - siehe Planen-Katamaran) kann man die Zielrichtung auch mit zwei Stöcken am Strand (Sand, Kies) oder zwei Steinen auf Felsplatten mit einigen Metern Abstand markieren und den Kajak beim Einbooten nach dieser Markierung ausrichten, wenn das Ziel beim Losfahren am nächsten Morgen durch die Witterung nicht sichtbar ist.