KF-08 - Gruppen-Touren mit dem Kanadier auf Naab und Regen

verfasst 2012 - geändert am 12.09.2012  

 

In diesem Beitrag möchte ich von Problemen berichten, die sehr häufig bei Beginner-Teams während den ersten gemeinsamen Flussfahrten mit dem Kanadier auftreten können und welche Ursachen dabei meist verantwortlich sind. Mir sind diese Unstimmigkeiten, die ich teilweise aus der Anfangsphase meiner Team-Fahrten mit meiner Frau im Kanadier her kenne, heuer bei zwei Touren auf der Naab und auf dem Regen in der südlichen Oberpfalz erneut aufgefallen. In einer kleinen Geschichte über diese beiden Fahrten eingebunden, möchte ich diese Anfangsschwierigkeiten beim „Kanadierfahren zu zweit“ schildern, dabei einige Grundlagen erklären und einige Tipps geben.

 

2012 ist meine vorgesehene Langfahrt auf dem Mittelmeer ausgeblieben. Grund dafür ist nicht Alter, Unlust, Bequemlichkeit oder Mutlosigkeit gewesen, sondern ein rein familiärer Grund: Mein Sohn und seine Verlobte haben geheiratet - just zu dem Zeitpunkt, an dem ich in der Regel meine Seekajaktouren unternehme. So habe ich mein heuriges Paddelvorhaben auf nächstes Jahr verschieben müssen.

 

Ich bin deshalb sehr erfreut gewesen, als mich meine Schwägerin, in unserem Clan wird sie auch liebevoll „Gämslein“ genannt, und ihr Lebenspartner „Assekuri“ zu Tagesausflügen mit dem Kanadier auf den beiden Flüssen nördlich von Regensburg eingeladen haben. „Assekuri“ ist weder Japaner noch verbindet ihn etwas mit einer Lagerstätte für mittelradioaktiven Müll. Er ist und bleibt ein waschechter Holledauer, sein Beruf hat aber etwas mit Versicherungen zu tun, und für uns fungiert er als Organisator für diese privaten Reiseveranstaltungen mit Freunden und Bekannten.

 

Also, „Gämslein“ war zwar schon einige Male in einem Kanadier gesessen, wollte aber sicherheitshalber jemanden dabeihaben, der sich einigermaßen mit der Fahrweise in so einem Kanu auskennt, weil die meisten anderen Beteiligten Paddelanfänger waren. „Auf den kann man dann wenigstens die Verantwortung abschieben, wenn etwas schiefgeht“, meinte sie süffisant und mit einem Augenzwinkern.

 

Ihre erste Kanadiererfahrung hatte sie vor langer Zeit gemacht, als meine Frau und ich einmal in den 1970er Jahren ihre drei jüngeren Geschwister in unseren Kanadier gepackt hatten und wir in einer Tagestour die knappen 50 Kilometer auf der Donau von Ingolstadt nach Kelheim hinunter gepaddelt waren, mit krönendem Abschluss durch den Donaudurchbruch bei Weltenburg in der blutroten Abendsonne. Damals konnte man die Donau in diesem Abschnitt noch ohne Wehre und Rückstau bereisen. Heute ist das leider nicht mehr möglich!

 

Später hatte sie mit ihrer Freundin „Nusserl“ (Wie dieser Spitznamen zu Stande gekommen war, entzog sich meiner Kenntnis.) in einer geführten Gruppe einmal den Regen befahren. Wegen der geringen Fahrpraxis, die zudem auch schon längere Zeit zurückgelegen hatte, war „Gämslein“ sehr froh, als ich mich bereiterklärte, sie auf diesen beiden Touren zu unterstützen. Für sie übernahm ich den Job eines Hilfslehrers und für mich war es ein willkommener Ausgleich zu meiner geplatzten Meerestour.

 

Auf der Naab waren wir mit 4 geliehenen Kanadiern und 11 Personen unterwegs. Anfangs ging es noch recht zäh voran, waren alle, bis auf Gämslein und ich im Steuern eines Kanadier völlig unerfahren. Wir hatten vereinbart, dass ich mit „Nusserl“, wir waren nur zu zweit in einem Boot, langsam vorauspaddeln würden und alle anderen sich einfach nach uns richten sollen. Wie man einen Kanadier mit dem Stechpaddel handhabt und fortbewegt, konnte man am besten und am schnellsten durch das Beobachten lernen, leichter als durch lange Erklärungen. Der Veranstalter hatte allen zuvor eine Kurzeinweisung im „Kanadierfahren“ erteilt, so dass zumindest die Grundelemente bereits bekannt waren, auf die es auf so einer Erstlingsfahrt ankam.

 

Bereits nach kurzer Zeit der Eingewöhnung konnten alle das Stechpaddel relativ sicher führen und auch die Steuerleute waren in der Lage, den Kanadier einigermaßen gerade durch das ruhige Wasser der Naab zubringen, auf der wir infolge einiger Staustufen größtenteils „Ententeich-Bedingungen“ vorgefunden hatten.

 

Wie es bei solch einer erstmaligen Fahrt so üblich war, hatte es ab Mittag zu regnen begonnen und weit über die Hälfte der Strecke paddelten wir durch einen gleichmäßigen Nieselregen. Als wir am Zielort patschnass angekommen waren, strahlte natürlich wieder die Sonne und mit einem hämischen Grinsen schien der Wettergott uns zeigen zu wollen, was er so alles an Naturereignissen bei einer Kanutour anbieten könne. Aber das Zentralgestirn wärmte uns,nachdem wir in trockene Klamotten geschlüpft waren.

 

Auf der Naab trafen wir eine Menge anderer Kanuten, alle mit Kanadiern unterwegs, von geführten Paddel-Veranstaltungen mit amerikanischen Soldaten und ihren Angehörigen, die im nahen Grafenwöhr stationiert waren, über Jugendgruppen, die eine mehrtägige Paddeltour auf der Naab durchführten und natürlich Familienausflügler wie wir.

 

Der Regen ließ uns aber nicht aufhalten und wir vereinbarten eine weitere Kanadierfahrt auf dem Fluss mit Namen Regen, nach dem Motte: „Wenn schon Regen von oben, dann wollen wir auch im Regen von unten fahren.“ Eigentlich hatten sich 19 Personen angemeldet, aber in der Holledau hatte die Hopfenernte begonnen und einige mussten abspringen, um beim „Hopfenzupfen“ zu helfen. Auch aus familiären Gründen sagte ein Ehepaar ab, das noch auf der Naab mit dabei war. Zum Schluss waren wir nur sechs Personen, die an dieser Tagestour teilnahmen.

 

 

Bild 01: Mit drei geliehenen Booten starteten wir rund 20 km vor Cham. Der Regen von oben war ausgeblieben, Wir hatten also nur den Regen unter uns! „Gämslein“ saß hier gerade vorn und fungierte als Schlagmann/frau. Ich bleibe ab jetzt der Einfachheit halber beim „...mann“, sonst wird’s auf die Dauer zu unübersichtlich. Sie fuhr mit „Assekuri“ zum ersten Mal zusammen in einem Kanadier. Auf der Naab hatten sie aus organisatorischen Gründen in getrennten Booten gesessen. Durch den hohen Wasserstand an diesem Tag waren die meisten Felsen überspült, so dass man sie kaum erkennen konnte. Nur ein leichtes Kräuseln der Wasseroberfläche und die nachfolgenden Wirbel ließ auf einen darunterliegenden Steinbrocken schließen.

 

 

Bild 02: Viele Paddelgruppen waren auf dem Regen unterwegs. Hier hatte einer der Kanuten einen Stilbruch begangen! Vielleicht findet der eine oder andere Betrachter den Fauxpas. Aber in Australien zum Beispiel, die Leute dort scheinen wesentlich praktischer veranlagt zu sein, gehört dieses „eklatante“ Vergehen eigentlich schon zum Standard.

 

 

Bild 03: Idylle auf dem Regen: Es ist keine alte nostalgische Getreide- oder Sägemühle, sondern ein neu gebautes kleines Kraftwerk zur Stromerzeugung. Sicherlich ist im Rahmen der Energiewende eine frühere Flussmühle mit modernster Technik umgestaltet worden. Nur das alte Wehr spiegelt die Flussromantik von Einst wider.

 

 

Bild 04: „Nusserl“ und ich haben uns auf der Naab zu einem richtigen Team entwickelt. Auf dem Regen glitten wir gemächlich den Fluss hinunter und hatten noch genügend Zeit, uns die Gegend und die Flussauen genauer anzuschauen. Hier wucherte unübersehbar das Springkraut am Ufer. Auch das Boot vor uns, besetzt mit meinem Schwager und seinem Nachbarn, der sich unserer Gruppe angeschlossen hatte, hielt unbeirrt seinen Kurs. Unser „Nachbar“, wir alle nennen ihn eigentlich immer nur: „Nachbar“ und nie beim Vornahmen, hatte, wie ich, ebenfalls schon Kanadier-Erfahrung. Er war früher solo mit einem Faltkanadier (Ally) unterwegs gewesen. Nur im dritten Kanadier schien die Koordination nicht ganz so gut zu klappen, wie man es sich eigentlich vorgestellt hatte. Das war verwunderlich, denn beide waren von sportlicher Statur und bei anderen Outdoor-Aktionen aufeinander eingespielt. „Wir sind bestimmt die doppelte Strecke gepaddelt, wie Ihr die einfache, weil wir uns ständig verzettelt haben“, bestätigte „Assekuri“ mit einem verschmitzten Lächeln nach Beendigung dieser Regen-Tour.

 

 

Bild 05: Solche kleinen Bootsrutschen waren immer eine schöne Abwechslung nachdem man lange Zeit im Rückstau des Wehres hatte „schaufel“ müssen.

 

Quelle der Bilder: Alle Photos wurden von „Assekuri“ geschossen, von mir etwas bearbeitet und an das Internet angepasst.

 

Nachdem wir in Cham, unserem Ziel, angekommen waren und im Biergarten zusammensaßen, erlebten wir noch eine eindrucksvolle Vorstellung eines Kunstfliegers und einer Fallschirmspringergruppe auf der Chamer Flugschau, die gerade an diesem Sonntag stattgefunden hatte. Wir saßen praktisch in der ersten Reihe und unser „Nachbar“ erklärte uns die einzelnen Figuren und Manöver, die sich über uns am Himmel abspielten. Wir hatten da einen wahren Fachmann als Moderator. Am Fliegerhorst in Neuburg an der Donau stationiert, musste er sich sonst immer wieder unser derbes „Frotzeln“ anhören, ob er das absichtlich gemacht habe, wenn wieder einmal eine Phantom-Staffel im Tiefflug über die Holledau gedonnerte war, dass Türen und Fenster vibriert hatten.

 

Wir kamen auch auf das Problem mit der Koordination im dritten Boot zu sprechen und warum es ständig aus dem Ruder gelaufen war, während die beiden anderen Kanus einigermaßen auf Kurs geblieben waren. Bereits während der Fahrt empfahlen wir den beiden, den Packsack zum leichteren Paddler zu legen, damit sich der Trimm des Bootes etwas verbessere. Das Gewichtsverhältnis von „Gämslein“ zu „Assekuri“ lag ungefähr bei 1 zu 2. Die Gepäckumverteilung verhalf zwar zu günstigeren Fahreigenschaften des Kanadiers, löste aber nicht das eigentliche Problem.

 

Die „Besatzung“ erklärte uns, dass sie Schwierigkeiten gehabt hatte, geradeaus zu fahren. Man war der Meinung, dass der Schlagmann nicht gleichmäßig sein Stechpaddel durchgezogen habe und der Kanadier dabei ständig vorne nach irgend einer Seite ausgebrochen war, so dass der Steuermann permanent den Kurs korrigieren musste. Paradoxerweise passierte es in diesem Boot grundsätzlich, gleichgültig wer nun vorne saß. Deshalb gab es ein Hickhack zwischen den beiden, wer nun was falsch mache.

 

Als beide dann erzählten, dass der Schlagmann vorne sich oft genötigt gefühlt hatte, immer wieder gegensteuern zu müssen, weil der Kanadier sich vollständig auf dem Fluss gedreht hatte, konnte ich mir das Problem erklären. Es waren zwei Dinge, die dazu beigetragen hatten.

 

Zum einen waren beide dominante Persönlichkeiten. Da hatten auch die einleitenden Worte unseres Instruktors nichts geholfen, der erklärt hatte, der Steuermann hinten im Boot bekomme grundsätzlich die Prügel ab, wenn etwas beim Paddeln nicht läuft. Aber eben dieser Steuermann solle auch bestimmen, wohin die Reise geht und was der Vordermann machen müsse. Mit dieser Aussage waren da aber die Meinungsverschiedenheiten bereits vorprogrammiert. Der Instruktor hatte dabei aber nicht gemeint, dass der Vordermann immer angehalten werden solle, einmal schneller, einmal langsamer oder gar nicht zu paddeln, wenn der Kanadier seinen Kurs verlassen hatte. Er hatte auch nicht betont, dass der Schlagmann vorne, den Kurs in eigener Regie oder nach eigenem Gutdünken abändern solle, sondern er erklärte, dafür sei ausschließlich der Steuermann zuständig. Beide waren aber während der ganzen Tour der Meinung, dass der Kanadier nur durch ihre ungleichmäßige Paddelweise aus dem Ruder gelaufen war.

 

Unverständlich waren dann aber die Angaben, dass beide, bewusst immer gleichmäßig gepaddelt hatten, wenn sie vorne gesessen waren. Allerdings, und das erklärte zumindest einen Teil des Problems, wurde die Fahrt auch sehr häufig zum Photographieren und für sonstige Angelegenheiten unterbrochen, so dass kein einheitlicher Rhythmus beim Paddeln entstehen hatte können. Hier hätte auch ein Hinweis von „hinten nach vorne“ erfolgen müssen, wenn der Steuermann sein Paddeln unterbrechen wollte, damit auch der Schlagmann innehalten konnte. Im umgekehrten Fall sah der Steuermann natürlich, wenn der Vordermann sein Paddel nicht benutzte. Da musste man sich nicht verbal verständigen. Ein kleiner Tipp: Vielleicht wäre es günstiger gewesen, wenn grundsätzlich der Schlagmann den Photoapparat bedient hätte.

 

Zum zweiten Punkt, den ich als Hauptursache ansah und auf die Unerfahrenheit bei Paddel-Neulingen und auf deren Unkenntnisse über fließende Gewaässer zurückführte: Es war für diese Misere keineswegs der Schlagmann schuld, wie man irrtümlich angenommen hatte, wenn das Boot nicht dorthin wollte, wohin es sollte, sondern ganz allein der Fluss! Der Regen war im Gegensatz zur Naab ein sehr verblocktes Gewässer und an diesem Tag führte er durch die vorangegangenen Regenfälle zudem auch mehr Wasser. Die Felsen waren zum größten Teil überspült. Dadurch entstanden verstärkt Wirbel und Strudel, die an der Oberfläche nicht so leicht zu erkennen waren. Aber gerade diese vermehrten kräftigen Strömungen bewirkten ein Versetzen des Bootes - in erster Line vorne am Bug, wenn man in einen Wirbel hineingepaddelt war. Wenn man da nicht rechtzeitig dagegen angesteuert hatte, wurde man zum Spielball des Flusses! Als noch unerfahrener Steuermann auf so einem turbulenten Gewässer hatte man das einfach nicht bedacht, dass das Lenken eines Kanadiers in diesem Fall zur Knochenarbeit ausarten kann. Denn nur der Steuermann war für den Geradeauslauf des Bootes verantwortlich, so wie es bei der Einweisung eingangs erklärt worden war. Auf dem Regen zerrten an diesem Tag schon ganz andere, wesentlich stärkere Kräfte, als auf der gemächlich dahinfließenden, oft im Rückstau eines Wehres „stehenden“ Naab.

 

An diesem Tag hatte ich es selbst immer wieder erlebt, dass der Kanadier sehr oft ausbrach und ich dann große Mühe hatte, ihn auf Kurs zu halten. Manchmal musste ich alle Kraft aufwenden, um das Boot mit zusätzlichen Steuerschlägen in der gewünschten Richtung halten zu können. „Nusserl“ paddelte sehr gleichmäßig, das hatte ich bereits auf der Naab erkannt. Sie konnte deshalb nicht die Ursache gewesen sein. Auch unser mit dem Kanadierfahren vertrauter „Nachbar“ im zweiten Boot bestätigte meine Beobachtung und er erklärte, dass er ebenfalls große Schwierigkeiten gehabt hatte, das Boot einigermaßen gerade durch das äußerst bewegte Wasser zu dirigieren.

 

Nach einer kleinen Einweisung in die Grundlagen einer Flussfahrt, in der ich „Gämslein“ und „Assekuri“ erklärt hatte, was ein Schwall, eine Walze, ein Strudel, ein Wirbel, stehende Wellen, ein Kehrwasser sei, wie sich hoher und niedriger Wasserstand in einem Fluss auswirken und dass dies alles den Kanadier während der Fahrt beeinflussen könne, kam bei beiden der Aha-Effekt zum Vorschein. „Also, dann warst Du es doch gar nicht, der das Boot gedreht hatte, sondern der Bach war an allem Schuld“, sprudelte es nahezu gleichzeitig, entwaffnend aus beiden heraus und man konnte ihre Erleichterung sehr gut wahrnehmen.

 

Dann hat ja nicht der Schlagmann das Problem, sondern grundsätzlich der Steuermann hinten! Man lernt halt im Leben nie aus!“, gaben beide, jeder auf seine Art, zu verstehen. „Genau, und der Steuermann bekommt eben die Prügel, wenn das Boot nicht geradeaus läuft. So,wie es bei der Einweisung gesagt worden ist,“, grinste unser „Nachbar“, „denn der Steuermann in einem Kanadier ist eben der „Macher“, muss halt arbeiten und ist kein Offizier der nur anschafft, wie bei der christlichen Seefahrt!“ „Stimmt und es ist beim Kanufahren manchmal gar nicht so vorteilhaft, immer nur hinten zu sitzen, wie im Kino oder im Krieg, nach dem alten Landser-Spruch: Vorne flimmert's und hinten ruht man auf den schönen Plätzen aus“, gab ich noch zu bedenken.

 

Ja, wenn das alles so klar ist und die Hintergründe von unserem Problem jetzt bekannt sind, dann müssen wir nächstes Jahr zum Üben einmal eine mehrtägige Flussfahrt planen, mit richtigen romantischen Outdoor-Übernachtungen und so ...“, schlug unser Organisator vor und wir alle stimmten ihm durch wohlwollendes Nicken zu.

 

Manchmal ist es gar nicht so leicht, die eigentlichen Ursachen beim Paddeln zu ergründen, insbesondere, wenn man im Team fährt. Als Anfänger meint man häufig, so ein kleines Boot mit Leichtigkeit lenken zu können. Das ist ein paar Wochen zuvor auf der Naab bei Normalwasser einigermaßen kraftlos möglich gewesen. Dass das bei entsprechend höherem Wasserstand und in einem verblockten Flussbett in Schwerarbeit ausarten kann, daran denken aber die wenigsten Paddler, wenn man es noch nicht selbst einmal erlebt hat.

 

Wenn ich mit meiner Frau im Kanadier unterwegs gewesen bin, habe ich nie daran gedacht, dass meine Frau die Ursache sein könne, dass das Boot nicht geradeaus läuft. Gut, zu diesem Zeitpunkt habe ich als Solopaddler bereits gelernt gehabt, wie sich das Wasser in einem Flussbett bewegt und wie ein Boot auf die unterschiedlichen Strömungen reagiert. Durch diese Erfahrungen müssen Anfänger immer erst einmal durch, bis man die Zusammenhänge erkennen und daraus seine Schlüsse ziehen kann.

 

Will man einmal Steuermann sein und unbedingt hinten sitzen, ist man dann halt auch für den Geradeauslauf des Bootes zuständig, gleichgültig wie stark der Schlagmann vorne auch paddelt. Zu noch etwas ist der Steuermann in einem Zweierteam angehalten: Er muss sich grundsätzlich dem Partner anpassen. Da ist es schon von Vorteil, wenn der stärkere Kanute als Steuermann hinten sitzt und mit seinem Mehr an Kraft für einen ruhigen, geraden und zügigen Lauf des Bootes sorgen kann.

 

Noch ein kleiner Tipp führt zu einer besseren Kräfteverteilung im Kanadier: Wenn es mehrere Kanuten sind, die sich auf die einzelnen Kanadier aufteilen, sollte versucht werden, dass in einem Zweierteam ein Links- und ein Rechtshänder in einem Boot sitzen, soweit dies überhaupt möglich ist. Auf diese Weise kann ein jeder auf seiner „Schokoladenseite“ paddeln. Und es muss sich nicht einer an der unbequemen Seite abmühen, insbesondere dann, wenn man Strecke machen möchte. Ist diese Aufteilung nicht möglich, empfehle ich, dass der Vordermann überwiegend auf der „unbequemen“ Seite paddelt, denn, im Gegensatz zum Steuermann, darf er die Schlagzahl und die Stärke des Paddeleinsatzes selber bestimmen.

 

Als meine Frau und ich Anfang der 1970er Jahre des öfteren in einer Wochentour die 500 km auf der Donau von Eining bis nach Wien hinuntergefahren waren, der Ausbau des Rhein-Main-Donaukanals mit den für uns Paddler unbefriedigenden Staustufen an der Donau, war da gerade in vollem Gang gewesen und jedes Jahr waren es immer mehr Wehre mit über 20 Kilometer Rückstau geworden, setzte sie als Rechthänderin das Stechpaddel auf der linken Seite unseres Kanadiers ein und ich als Linkshänder auf der rechten Seite. Wir waren sozusagen das ideale Team. Wir wechselten auch kaum die Seiten, weil wir festgestellt hatten, dass wir auf der Idealposition den größten Durchzug über lange Zeit durchhalten konnten. Bei ständigem Wechsel der Paddel-Seiten, begannen wir viel schneller zu ermüden.