KT-08 - Kommentar zu Überfahrten und zum Inselspringen

 

verfasst 2011 - geändert am 20.12.2011

 

Ein Forumsmitglied der Outdoorseiten stellte mir folgende Frage: „Wenn Du von Insel zu Insel hüpfst und den vorausgesagten Wind kennst, berechnest Du dann einen Vorhaltekurs? Oder fährst Du immer nur auf Sicht (und somit eventuell eine „Schweinekurve“ wegen dem Windversatz)?“

 

Ich erklärte meine Vorgehensweise folgendermaßen:

 

Die verschiedenen Möglichkeiten für Überfahrten zu Inseln oder Flussquerungen habe ich in dem Beitrag

KT-07 - Wie man Überfahrten meistert beschrieben.

   

Wenn ein spezieller Wind, z.B.: Jugo, Mestral, Meltemi usw. vorherrscht, oder eine Strömung in einem Seengebiet bekannt ist und dann alles bei einer Überfahrt vor der Seite auf den Kajak einwirkt, dann halte ich vor. In der Regel sind das 5 bis 15 Grad vom Kurs, gegen Wind und Strömung, je nach Heftigkeit des Windes, der Strömung und der Länge der Passage. Eine exakte Bestimmung über das Wind- und Stromdreieck habe ich eigentlich noch nie durchgeführt, auch nicht bei Passagen von über 40 Kilometern. Ich bin immer mit einer Schätzung ausgekommen. Siehe unten bei „größeren Vorhaltewinkel“. 

 

Wenn man die Abtrift beobachtet. kann man gut feststellen, ob der Vorhaltewinkel richtig war. Siehe dazu meine Erläuterungen in den Beiträgen KF-03  - Stürmische Überfahrt nach Spetse am Peloponnes - 2006, KT-09 - Paddle ich auf der Stelle? und KT-11 - Sichtweite, Teil 2 (Beispiel im 2. Abschnitt).

 

Notfalls muss man einfach nachregeln. Es ist auch wesentlich günstiger in manchen Fällen etwas mehr vorzuhalten, als zu wenig - bei langen Überfahrten zu kleinen Inseln sogar absolut erforderlich. Wenn ich bei einem zu großen Vorhaltewinkel etwas abseits des Ziels ankomme, kann ich mit dem Wind und/oder der Strömung zum vorgegebenen Ort paddeln. Ist der Vorhaltewinkel zu klein, muss ich zum Schluss der Überquerung gegen Wind und/oder Strömung anpaddeln - was nach einer langen Überquerung nicht ganz einfach ist. Da ist man meistens müde und ausgelaugt.

 

Übersteigt die Abtrift durch Strömung und Wind sogar die maximale Paddelgeschwinigkeit, kann es zu fatalen Folgen führen, weil man dann an seinem Ziel, im schlimmsten Fall an der Insel vorbeigetrieben wird und man sie unmöglich mehr erreichen kann!

 

Das ist gerade das Dilemma, wenn man sich leichtsinnigerweise auf sein GPS-Gerät verlässt und Wind, Wellen und Strömung am Anfang nicht berücksichtigt. Gibt man unüberlegt nur die Zielkoordinaten ein, beschreibt das GPS bei einer Abtrift unweigerlich die Hundekurve, weil das GPS die Richtung ausschließlich nur vom aktuellen Standort zum Ziel bestimmt. Du nennst diese Querungsart auch Schweinekurve. Wie oben erwähnt, wird es gefährlich, wenn man an seinem Ziel vorbeitreibt und nicht mehr die Kraft hat, gegen die Strömung anzupaddeln. Da hilft einem auch das GPS nicht mehr!

 

Wer sich da blind auf die Elektronik verlässt, ist verlassen! Deshalb sehe ich in einem GPS-Gerät nur ein bequemes Hilfsmittel und absolut keinen Navigationsersatz. Basiswissen, logisches Denken und den vernünftigen Menschenverstand benützen, sind Grundvoraussetzungen beim Seekajaking! Das predige ich immer wieder und hoffe, das akzeptieren auch die Technik- und Elektronik-Freaks.

 

Beim Seekajaking, Outdoorleben und insbesondere beim Survival gilt: „Es kommt nicht darauf an, was man hat, sondern was man kann!“