KT-12 - Abschätzen von Entfernungen im Nahbereich

 

verfasst 2010 - geändert am 19.05.2013

 

Es ist immer gut und manchmal auch sehr wichtig, zu wissen, wie weit es zu einem bestimmten Punkt im näheren Bereich (bis rund 5 km) ist. Beim Seekajaking sieht der Kanute in der Regel die Entfernung zur Küste als interessant an, wichtig unter Umständen bei Wetterumschwung, als überlebenswichtig sogar bei aufziehendem Sturm.

 

Wie kann man nun Entfernungen einigermaßen genau abschätzen? Die besten Informationen sammelte in diesem Fall ... natürlich das Militär. Für diesen Berufszweig ist die Abschätzung einer Distanz von entscheidender Bedeutung, müssen ja die soldatischen Mitarbeiter ihr Handwerkszeug“ entsprechend der Entfernung anpassen, einstellen und auch verwenden.

 

Tabellen zur Abstandsschätzung 

 

Abhängig von den wetterbedingten, optischen und geographischen Verhältnissen kann man den Abstand zu seinem anzusteuernden Ziel verschieden schätzen. Ich habe die einzelnen Kriterien nicht nur im Bezug auf die See und Küste aus den jeweiligen militärischen Veröffentlichungen zusammengefasst, sondern auch für Landgänge. Allerdings habe ich mir erlaubt, das militärische Vokabular gegen zivilere Ausdrücke zu ersetzen.

 

1 - Zu kurz wird geschätzt, wenn das Objekt gut zu sehen ist

 

(Tabellen in der Schriftart „Courier New“ wegen der Einheitlichkeit der Matrix)

 

- - bei Sonnenschein
- - bei klarer reiner Luft (nach Regenfällen)
- - bei dem Stand der Sonne im Rücken
- - bei hellem Hinter- oder Untergrund (Silhouetten bei Nacht)
- - in welligem, nicht voll einzusehendem Gelände
- - über gleichförmige Strecken, Steppe, Wüste
- - über Wasserflächen und Schnee
- - über Täler, Mulden und Schluchten hinweg
- - bei großen Gegenständen
- - bergab
- - mit Fernglas (nicht nur wegen der Vergrößerung!)
- - unter Stress, Angst


2 - Zu weit wird geschätzt, wenn das Objekt schlecht zu sehen ist

 

(Tabellen in der Schriftart „Courier New“ wegen der Einheitlichkeit der Matrix)

 

- - bei flimmernder Luft
- - bei Nebel und trübem Wetter
- - beim Entfernungsschätzen gegen die Sonne
- - bei Dämmerung
- - im Wald
- - bei dunklem Hinter- oder Untergrund
- - bei nur teilweise sichtbaren Dingen
- - entlang von geraden Strecken
- - bei kleinen Gegenständen
- - bergauf
- - aus dem Liegen


3 - Bei Nacht schätzt man

 

(Tabellen in der Schriftart „Courier New“ wegen der Einheitlichkeit der Matrix) 

 

- - gelbes und rotes Licht - zu nah
- - grünes und weißes Licht - ungefähr richtig
- - blaues und violettes Licht - bedeuten zu weit

 

4 - Objektbeobachtung, die eigentliche Entferungseinschätzung 

 

Durch das Erkennen der Einzelheiten von Objekten kann man die Entfernung abschätzen, allerdings nur sehr grob und abhängig von den Sichtverhältnissen, so wie sie oben beschrieben sind:

 

(Tabellen in der Schriftart „Courier New“ wegen der Einheitlichkeit der Matrix)

 

auf 5000 m - - Fabrikschlote, Kirchtürme, Konturen einer Ortschaft, Küstenlinie
auf 4000 m - - Umrisse von Einzelhäusern, Strandlinie
auf 3000 m - - fahrende Lastkraftwagen, definitiv die Wasserlinie vom Kajak aus
auf 2500 m - - fahrende Personenautos (Bewegung ist sichtbar)
auf 2000 m - - große freistehende Bäume
auf 1500 m - - mittelgroße freistehende Bäume
auf 1200 m - - Telefonmasten, Fahnenstangen
auf  900 m - - Fenster in den Häusern, Kamine
auf  800 m - - Bewegungen einzelner Personen
auf  500 m - - Umrisse der Figur von Einzelpersonen, Zelte, Büsche
auf  400 m - - den Kopf einer Person
auf  300 m - - einzelne Gliedmaßen einer Person, Fensterkreuze, Türen
auf  250 m - - Gesicht als heller Fleck
auf  200 m - - einzelne Dachziegel
auf  150 m - - die Augenlinie
auf  100 m - - Details der Bekleidung
auf   50 m - - die einzelnen Augen, Nase, Mund

 

Weil ich die Entfernung nicht mit konkreten Zahlen kommunizieren muss, merke ich mir persönlich gar nicht mehr die Distanzen in Metern zu den einzelnen Bezugspunkten, sondern teile die Entfernungen nur mehr nach den Objekten selbst  und der verbleibenden Zeit ein, die ich noch zu paddeln habe, zum Beispiel das Erkennen von:

 

- - Ortschaften, hohen Gebäuden, Küstenlinie - ca. 1 Stunde Fahrzeit

- - Wasserlinie, Einzelgebäude, Autos, Einzelbäume - na ja, noch 1/2 Stunde paddeln

- - Fenster in Häusern, Bewegung einzelner Personen - nur mehr 1/4 Stündchen

- - einzelne Gliedmaßen bei Menschen - gleich geschafft

- - Blick in die Augen - Guten Tag!

 

Diese Einteilung reicht mir persönlich völlig aus, um ein sicheres Gespür für die Nähe der Küste zu erhalten.

 

5 - Es gibt noch eine weitere Möglichkeit die Entfernung grob einzuschätzen. Das ist mit Hilfe des Gehörs:

 

(Tabellen in der Schriftart „Courier New“ wegen der Einheitlichkeit der Matrix)

 

bis 3000 m - - Motorenlärm
bis 1000 m - - Schlagen von Metall auf Stein (Graben)
bis  600 m - - Einschlagen von Pflöcken
bis  300 m - - Schreien, Tiergebrüll
bis  200 m - - lautes Sprechen, rufen
bis  150 m - - Schritte auf nicht bewachsenem Boden (Feldweg)
bis  130 m - - Brechen von Ästen
bis  100 m - - Flüstern
bis   70 m - - Schritte auf bewachsenem Boden (Gras)

 

6 - Die Blitz-und-Donner-Regel 

 

Vergessen sollte man auch nicht die altbekannte Regel über das Abzuschätzen der Entfernung zu einem Gewitter. Weil sich der Schall in 343 m/s fortpflanzt, gilt allgemein die Zeitdifferenz zwischen Blitz und Donner: 3 Sekunden entsprechen rund 1 km (genauer eigentlich 1029 m, aber das liegt in der Toleranz, wenn man die Sekunden mit dem Zählen von „21, 22, 23, ...“ abmisst).

 

Diese Tabellen haben nur eine sehr grobe Gültigkeit. Bitte macht Euch selber mit der Schätzung von Entfernungen vertraut. Wenn Ihr auf eine Küste zupaddelt, beobachtet, was Ihr zuerst erkennen können. An Land ist ein GPS-Geräten sehr gut geeignet, Entfernungen nach eigenem Empfinden abzuschätzen - allerdings auch das altbekannte Navi-Klassik (Landkarte). Auf diese Weise kann man eine eigene speziell für sich angepasste Entfernungstabelle zusammenstellen. Auf einer Paddeltour oder Wanderung sind dann kaum mehr zusätzliche Hilfsmittel erforderlich.

 

Ein kleiner Tipp für die Praxis 

 

Wenn Ihr ein Straßendorf mit einer gerade verlaufenden Straße kennt und davon eine genaue Karte besitzt, könnt Ihr Euch eine Zusammenstellung selbst anfertigen. Von Eurem festen Standort aus legt Ihr alle passenden Kriterien in Bezug auf Personen, Gebäuden, Bepflanzung, Fahrzeuge fest und entnehmt die dazu gehörende Entfernung aus der Karte. GPS-Geräte sind dazu natürlich ebenso gut geeignet.

 

Wie weit jeder seine Schätzungen präzisieren will, bleibt ihm selbst überlassen. Wichtig dabei ist, dass man ein Gefühl der Sicherheit gewinnt, um noch rechtzeitig anlanden zu können oder an Land noch vor dem Regen eine Gastwirtschaft erreicht: zum Abwettern, natürlich bei einer Mass Bier!

Artikel erstellt am 20.12.2010

1. Überarbeitung am 19.05.2013