| KR-05 - Bora an der Insel Rab
verfasst 2011 - geändert am 01.12.2011
Ein Leser der Outdoorseiten berichtete, dass im Gegensatz zu meinen Darstellungen in den Revier-Informationen „Adria“ an der Insel Rab die Bora auch von Westen zu spüren ist. Ich gab dazu folgende Stellungnahme ab:
Danke für Deine Informationen zur Bora im Bereich der Insel Rab. Du hast völlig recht, wenn Du schreibst, nicht überall ist bei einer Bora die Westküste identisch mit der Leeseite. Auf die wettertechnischen Besonderheiten bei den nördlichen Dalmatinischen Inseln möchte ich im Folgenden etwas genauer eingehen.
In Deinem geschilderten Fall wird der Wind, der durch den Quertaleinschnitt beiSenj pfeift, an den Inseln Krk und Cres nach Süden ab- und umgelenkt. In diesem Kessel, der durch die Inseln Krk, Plavnik, Cres und Rab gebildet wird, entsteht bei Bora ein riesiger „Luftwirbel“. Die Luftmassen werden durch die Düse bei Senj in den Kessel eingeleitet und strömen dann im Gegen-Uhrzeigersinn weiter. Dabei treffen sie, aus Nordwest wehend, auf die Westküste (genauer: Nordwestküste) der Insel Rab. Dort wird dieser Bora-Anteil als Nordwest-Wind von der eigentlichen Bora, die aus Nordosten kommend über die Inseln Rab und Pag fegt, nach Süden abgedrängt.
Du hast das Wettergeschehen in diesem Inselabschnitt sehr genau beobachtet, wenn Du bemerkt hast, dass bei vorherrschender Bora der Wind auch aus westlichen Richtungen kommen kann. Wenn ich allerdings die Seekarte betrachte und ich mir die Windrichtung der Bora dort vergegenwärtige, muss ich davon ausgehen, dass die Westseite (eigentlich ist es die Südwestseite) der Insel Rab bei Bora gegenüber dem Ostufer immer noch der sicherere Platz ist, wenn auch der Wind dort manchmal stärker bläst als anderswo und sogar aus der „verkehrten“ Richtung.
Das kann man auch an der Geländeform der Insel Rab sehr gut erkennen. An der Ostseite „wächst kein Gras mehr“, alles Erdreich wurde „vom Winde verweht“ (Bora), mit glattem Küstenverlauf, blanken Felsabstürzen und nahezu unbewohnt. Die Nordwest- und Westseite hingegen ist reich gegliedert mit üppigem Bewuchs und fast das gesamte Insel-Leben spielt sich an diesen Küstenabschnitten ab. Wenn ich mich noch recht entsinne, befinden sich auch dort die schönsten Sandstrände. Man kann hunderte von Metern in das Meer hinauswaten und man steht imme rnoch im hüfthohen Wasser (bei den Orten Rab, Supetar und Kampor). Sollte ich mit dieser Darstellung des Wettergeschehens in dieser Region falsch liegen, bitte berichtige mich.
Gerade bei Senj, Plavnik und Cres kommt es durch die Bora immer wieder zu schweren Bootsunfällen, bei denen auch schon erfahrene Paddler verunglückt sind. In diesem Insel-Bereich ist es immer sinnvoll, ständig nach einer geeigneten Bucht oder einem sicheren Hafen Ausschau zu halten, um auf alle Fälle gewappnet zu sein, die Tour sofort zu unterbrechen, wenn das Wetter ungemütlich wird. Gewiefte Seekajaker praktizieren das auf Langfahrten ja sowieso, weil sie permanent nach guten Lagerplätzen suchen. Das liegt ihnen einfach im Blut.
Die Bora tritt an der gesamten Dalmatinischen Küste von Triest im Norden bis südlich der Bucht von Kotor in Montenegro auf, über eine Länge von rund 600 km. Da gibt es unterschiedliche lokale Besonderheiten, auf die ich in meiner kurzen Bildunterschrift natürlich nicht eingegangen bin. Genauere Angaben über das Wetter bei den Dalmatinischen Inseln habe ich in meinen beiden Beiträgen KR-02 - "Das Wetter in der Adria, an der dalmatinischen Küste und den Inseln" und KR-03 - "Das Wettergeschehen in der Adria aus praktischer Erfahrung" zusammengestellt. Auch hier habe ich nicht alle örtlichen Einzelheiten aufgezählt; das würde den Rahmen dieser Homepage sprengen. Die stärksten Bora-Stürme kann man in den Gebieten: Velebit-Kanal (7 bis 9 Beaufort), Kap Ploca (6 bis 9 Beaufort), Vrulja-Bucht (6 bis 9 Beaufort) und bei der Halbinsel Zuljana (6 bis 9 Beaufort) antreffen (Quelle: Hafen- und Ankerplatz-Atlas „Kroatien“, Karl-H. Beständig, 15. Auflage, 2002/2003).
Über das Wettergeschehen in der Adria sind etliche Bücher verfasst worden, überwiegend für Skipper etwas größerer Motor- oder Segel-Yachten mit entsprechender technischer und elektronischer Ausstattung. Diese Informationen sind für uns Wasserumrührer nicht unbedingt geeignet und auch nicht aussagekräftig genug. Deshalb habe ich auch ein Dutzend allgemeine „Wetterregeln für Segler“ für uns Seekajaker angepasst und im Beitrag KW-01 - "Wetterregeln für den Kajaker" veröffentlicht.
Ich glaube aber, mit der nötigen Vorsicht, einem klaren Menschenverstand, einem breiten Wissen und der im Laufe der Jahre erlangten Erfahrung kommen auch wir Paddler mit den Wetterverhältnissen auf See ganz gut zurecht, mit und auch ohne Seewetterbericht und elektronischen Hilfsmitteln - insbesondere dann, wenn wir einem Seegebiet treu bleiben. Bei mir ist es halt das warme, gezeitenlose Mittelmeer, mit noch vernachlässigbarer Missweisung, von Italien bis rüber an die türkische Küste.
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