| KR-02 - Das Wetter der Adria: Dalmatinischen Küste und Inseln verfasst 2011 - geändert am 30.04.2011
Für diejenigen von Euch, die sich für eine Seekajaktour an der Adria interessieren, möchte ich in diesem und den nächsten Beiträgen einige Informationen beisteuern, die es Euch erleichtern, in den Gewässern der dalmatinischen Inseln eine Seekajak-Reise zu planen. So wie im Beitrag der Revier-Informationen RI01 die Winde um Korsika beschrieben sind, möchte ich hier zunächst über das Klima an der Adria berichten.
Als Grundlage ziehe ich den Hafen- und Ankerplatz-Atlas „Kroatien“, 15. Auflage von Karl-H. Beständig aus dem Jahre 2002 heran, der mir bei meinen Fahrten (zuletzt im Jahre 2010) entlang der dalmatini- schen Küste wertvolle Dienste geleistet hat. Karl-H. Beständig beschreibt unter anderem das Wetter-geschehen an der östlichen Adriaküste wie folgt:
Das Wetter der Adria ... kann tückisch sein
Weil das stark gegliederte Mittelmeer von großen Landmassen umschlossen ist, entwickeln sich dort Unwetter häufiger, schneller und unberechenbarer als draußen über den Ozeanen. Das gilt vor allem für die Adria. Zwar herrscht im Sommer an der Adria meist wochenlang andauerndes Schönwetter, aber mit gelegentlichen Gewittern und stürmischen Winden müssen Bootssportler immer rechnen.
01 - Temperaturen
Im Juli und August ist es an der Adria im Bereich der Festlandküste mit Temperaturen bis 38 Grad sehr heiß, was vielen Urlaubern erheblich zu schaffen macht. Die besten Monate zum Wohlfühlen sind dort deshalb die Monate Juni und September, an der dalmatinischen Küste auch der Mai und der Oktober. Auf den Inseln sind die Temperaturen im Hochsommer etwas niedriger und im Frühjahr sowie im Herbst etwas höher als an der Festlandküste.
02 - Niederschläge
Im Juli und August regnet es an der Adria nur selten und kurz. Aber im Mai, Juni und September können öfter heftige Regenschauer fallen, besonders an der Velebitküste und auf den ihr vorgelagerten Inseln Krk, Rab und Pag. Etwa ab Mitte Oktober wird das Wetter im gesamten Adriaraum wechselhaft. Lediglich im Bereich der äußeren Inseln und im südlichen Dalmatien gibt es dann gelegentlich noch längere Schönwetterphasen.
03 - Windstärke und -häufigkeit
Die Adria ist während der Sommermonate ein relativ windschwaches Gewässer. In der Statistik findet man für den Juli die unten wiedergegebenen Daten über die Häufigkeit von Windstärken (in Beaufort = Bft).
Windstille = 0 Bft: 10% - - - 1-3 Bft: 65% - - - 4-5 Bft: 21% - - - 6-7 Bft: 3% - - - 8-9 Bft: 0,3%
Diese Angaben beziehen sich jedoch auf die offene Adria und können des halb nur eingeschränkt auf küstennahe Bereiche übertragen werden, weil dort die regionalen und tageszeitlich bedingten Abweichungen groß sind. So ist es zum Beispiel in Dubrovnik im Juli vormittags zu 60% windstill und nachmittags zu 20%.
An der kroatischen Adriaküste ist im Sommer bei stabiler Wetterlage am häufigsten folgende Situation anzutreffen: Während der Nacht und in den frühen Vormittagsstunden ist es windstill oder es weht eine leichte Brise. Tagsüber gibt es dann, besonders im Bereich der äußeren Inseln, recht guten Segelwind, und zwar hauptsächlich aus Nordwest (siehe unter Maistral). Diesen Wind kann auch ein Seekajaker sehr gut ausnutzen, wenn er an der Außenseite der Inseln von Norden nach Süden paddelt. Weniger günstig sind dagegen die Bedingungen für die Segler an der Ostküste Istriens, entlang der Festlandküste zwischen Rijeka und dem Novigradsko More sowie, ebenfalls in Festlandnähe, zwischen Split und Ulcinj. An diesen Küsten überwiegen lang anhaltende Flauten. Windstille kommt natürlich uns Seekajakern zugute und die „Festlandküsten-Route“ eignet sich sehr gut für eine Fahrt von Süden nach Norden.
04 - Maistral (Maestrale) - Schönwetter-Wind
Der an der Adria zwischen Anfang Juni bis Mitte September vorherrschende Wind kommt aus Nordwest und heißt Maistral. Gewöhnlich setzt dieser Wind gegen 10 Uhr ein und erreicht im Laufe des Nachmit- tags 3 bis 5 Bft. Bei Sonnenuntergang flaut er wieder ab. Der Maistral gilt als Schönwetter-Wind, weil er fast immer für einen wolkenarmen blauen Himmel und auf dem Meer für angenehme Temperaturen sorgt. Sein Ausbleiben kann aber eine Wetterverschlechterung andeuten.
Seit einigen Jahren tritt der Maistral offensichtlich etwas seltener in Erscheinung. Trotzdem ist er zumin- dest im Bereich der äußeren Insel noch sehr häufig anzutreffen.
05 - Jugo (Schirokko) - Schlechtwetter-Wind
Der Jugo weht aus südlicher Richtung, zumeist aus Südost, und ist dem Maistral nicht nur in der Wind- richtung entgegengesetzt: Auch das Wetter, das er in die Adria mitbringt, ist anders, denn Schwüle, Bewölkung und oft auch Regenschauer sind seine Begleiter. Manchmal,vor allem im Winterhalbjahr, erreicht der Jugo Sturmstärke.
Zwischen Mitte Juni und Mitte September setzt der Jugo nur selten ein. Er dauert im Sommer 2 bis 3 Tage und erreicht dabei fast nie über 7 Bft. Von Oktober bis Mai weht der Wind jedoch wesentlich häufiger, länger und mit bis zu 9 Bft auch stärker. Da der Jugo eine lange Strecke über dem Meer hinwegstreicht, verursacht er kräftigen Seegang, besonders in der Nordadria, wo die Wellenhöhe 3 bis 4 Meter erreichen kann. Vor der norditalienischen Küste entstehen dann gefährliche Grundseen. Dem Jugo gehen allerdings deutliche Vorzeichen voraus, so dass man sich rechtzeitig auf ihn einstellen kann. Es gibt zwei Jugo-Varianten. Die häufigste ist der zyklonale Jugo.
Zyklonale Jugo
Bei diesem Jugo zeigen sich bereits 1 bis 2 Tage vor seinem Einsetzen am blauen Himmel in großer Höhe faserige, gelegentlich hakenförmige Streifen von Cirrus-Wolken. Spätestens 6 bis 12 Stunden vor Jugo-Beginn tauchen mittelhohe flockige Altocumulos-Wolken in großen Feldern auf. Meist wird es auch wärmer, schwüler, und es bildet sich Dunst. Das Barometer fällt, die Bewölkung wird dichter. Der Wind ist anfangs schwach, oft umlaufend. Wenn er sich auf Süd bis Südost einpendelt, beginnt er allmählich aufzubrisen und erreicht nach 2 bis 3 Tagen seine größte Stärke, oft in Verbindung mit einem Gewitter. Kurz danach flaut der Jugo bei steigendem Luftdruck ab.
Vor dem Abflauen ändert dieser Jugo oft seine Richtung! Vor allem in der südlichen Adria und im Herbst dreht er häufig auf Südwest, manchmal sogar bis auf Nordwest. In der nördlichen Adria schlägt der zyklonale Jugo nicht selten, oft nach einer kurzen Windpause, auf Nordost um und wird zur Bora. Dies geschieht bevorzugt im Frühjahr. In der Regel kündet Wetterleuchten im Norden oder Osten diesen Windwechsel an.
Antizyklonale Jugo
Die andere, wesentlich seltenere Jugo-Variante, der antizyklonale Jugo, tritt hauptsächlich im März und im Oktober auf. Der Himmel ist dabei über der südlichen und mittleren Adria fast immer nur mäßig mit lockeren Cumulus- oder Stratus-Wolken bedeckt. Niederschläge gibt es bei diesem Wind kaum, und wenn doch, dann kommt es zumeist zu einem kurze Regenschauer in der Nordadria. Gewitter treten fast nie auf. Da der antizyklonale Jugo bei einem relativ hohen Luftdruck weht, geht ihm als Vorbote meistens auch kein deutlich fallender Barometerstand voraus.
Der Jugo, ob zyklonal oder antizyklonal, verursacht nicht nur starken Seegang, sondern in der mittleren und nördlichen Adria auch einen hohen Wasserstand. In einigen Häfen kommt es bei lang anhaltenden südlichen Winden zu Überschwemmungen. Eine Reinigung des Zeltdachs während eines Jugo-Regens wird oft zur Enttäuschung. Dann nämlich, wenn nach dem Abtrocknen feiner brauner Staub am Außenzelt zum Vorschein kommt: Es ist Sahara-Sand, den der Wind oft bis über die Adria trägt und der mit dem Regen auf Paddlers Zelt oder Tarp fällt.
06 - Bora - Böiger Fallwind
Die Bora ist eine „Spezialität“ der östlichen Adriaküste und dor tein gefährlicher Wind. Ohne Vorzeichen, zumeist bei hohem Barometerstand und schönstem Sonnenschein, also buchstäblich aus heiterem Himmel, fegt die stürmisch-böige Bora unvermittelt aus Nordost mit Gischtfahnen über Meer und Inseln. Bei der kroatischen Küstenwache herrscht dann Alarmstufe 1, denn dieser Wind beschert ihr die meisten Seenot-Einsätze. Für uns Seekajaker besteht bei einer Bora ernste Gefahr, abgetrieben zu werden. Durch den Düseneffekt zwischen den langgezogenen Inseln Dalmatiens in Nord/Süd-Richtung treten Winde verstärkt auf, gegen die ein Anpaddeln nahezu aussichtslos ist. Da ist es gut, nochrechtzeitig in eine windgeschützte Bucht einfahren zu können.
Dass es die Bora gibt, liegt am Dinarischen Gebirge, das überwiegend sehr meernah entlang der östlichen Adriaküste verläuft und von keinem tiefen Quertal ganz durchschnitten wird. Eine weitere Voraussetzung für das Entstehen der Bora ist ein Luftdruckgefälle zwischen dem Küsten-Hinterland und der Adria. Je größer der Druckunterschied, desto wahrscheinlicher und auch gefährlicher wird eine Bora.
Ein untrügliches Zeichen für eine herannahende Bora ist auch, wenn man oben auf den Kämmen des dinarischen Gebirges langgezogene Wolkenbänder beobachten kann, die sich über die Bergrücken wälzenund an den Hängen heruntergleiten. Für einen Seekajaker wird es dann höchste Zeit, seine Sicherheitsausrüstung zu überprüfen und spätestens dann die Schwimmweste anzulegen. Noch besser wäre es, an einer windgeschützten Stelle auszubooten!
Wie die Bora entsteht
Strömt bei Hochdruckeinfluss über dem Festland relativ kühle Luft an die Rückseite des dinarischen Gebirges, so beginnt sich diese mangels Abflussmöglichkeit zunächst einmal dort zu stauen, bis sie an den Einsattelungen der Berge überströmt und mit zunehmender Geschwindigkeit, kanalisiert durch die Landschaft, auf die Adria hinunterstürzt. Der Fallwind Bora ist geboren. Im Bereich der Einmündungen auf die Adria sind die Windgeschwindigkeiten am größten. Manchmal pfeift nur dort die Bora, während sich wenige Kilometer weiter im Norden und Süden dieser Windschneisen kein Lufthauch regt. Mit zunehmen- der Entfernung von der Festlandküste verliert die Bora an Stärke. Doch Vorsicht: Wer glaubt, bei Bora in Lee der vorgelagerten Inseln in den Windschatten zu geraten, der irrt. Von der Insel Cres über die Kor- naten bis zur Insel Mljet gilt: Man kann an den Westseiten aller Adria-Inseln mit schweren Boraböen konfrontiert werden. Je höher die Insel, desto weniger wirkt sie bei Bora als Bremsklotz. Vielmehr verleiht sie diesem böigen Wind neuen Schub. Trotzdem sind die Leeseiten der Inseln bei Bora für Sportschiffer das bessere, weil weniger aufgewühlte Fahrwasser entstehen. Auch die Kajaker, die dort von einer Bora überrascht werden, müssen aufpassen, dass ihnen eine Bö nicht das lockergehaltene Paddel aus der Hand reißt.
Dauer und Stärke
Zwischen Mai und Oktober weht die Bora, anders als im Winter, nicht allzu häufig und mit 6 bis 7 Bft auch recht verhalten. Lediglich im Velebit-Kanal, bei Kap Ploca, bei Split, im Bereich der Vrulja-Bucht (nördlich von Makarska) sowie bei Zuljana (Halbinsel Peljesac) können die Boraböen auch im Sommer gelegentlich Windstärke 8 bis 9 Bft erreichen. Eine sommerliche Bora dauert in der Regel 1 bis 3 Tage, manchmal auch nur wenige Stunden. Im Juli und August hat man sogar sehr gute Chancen, einen mehrwöchigen, borafreien Kajak-Törn zu machen. Eine mäßig-starke Bora im Sommer besitzt auch positive Seiten, denn sie sorgt für frische Luft, angenehme Temperaturen und für eine hervorragende Fernsicht. Ideale Bedingungen für das Besteigen eines Inselberges. Von dort kann man dann manchmal sogar bis hinüber zur italienischen Küste sehen.
Im Winter kann die Bora in der nördlichen und mittleren Adria mit kurzen Unterbrechungen viele Wochen andauern. Der Velebit-Kanal ist zwischen November und April eines der gefährlichsten Gewässer der Welt.
Wie der Jugo hat auch die Bora zwei Varianten. Die antizyklonale Bora, ihr Kennzeichen ist heiteres Wetter, tritt wesentlich öfter auf als die zyklonale Variante, die in der Regel von starker Bewölkung und gelegentlichen Niederschlägen begleitet wird. Sie entsteht insbesondere unmittelbar nach einem Jugo, und zwar hauptsächlich in der nördlichen Adria. Sie kündigt sich oft durch Wetterleuchten im Osten oder Norden an.
Nicht nur bei Bora, sondern auch bei anderen Winden (Maistral, Jugo) können im Leebereich hoher Küsten starke Fallböen auftreten. Sogar bei weiträumiger Flaute können nachts, meist nach Mitternacht, an hohen Bergküsten, vorwiegend an deren Westseiten, thermisch bedingte Fallböen entstehen.
07 - Garbin
Der Garbin ist ein stürmischer Wind aus Südwest bis West. Er dauert im Sommer meistens nur ein bis zwei Stunden und erreicht dabei fast immer Windstärke 8, gelegentlich sogar Stärke 11 und darüber. Dieser kurzlebige Sturmwind, der fast immer mit einem Gewitter einhergeht, entsteht in der Regel dann, wenn über dem südlichen Mittelmeer ein Hoch liegt, während ein ausgedehntes Tief über Mitteleuropa oder Norditalien nach Osten zieht. Wenn die Kaltfront dieses Tiefs die warme Adria erreicht, ist ein Garbin oft die Folge.
Der Garbin hat deutliche Vorzeichen, aber nur eine kurze Vorwarnzeit: 1 Der Barometerstand fällt rasch. Es weht ein schwacher bis mäßiger, meist östlicher Wind. 2 Aus einem Dunststreifen über dem westlichen Horizont entwickelt sich rasch eine deutlich nach unten abgegrenzte Wolkenwand.
Die Wolkenwand zieht mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 Knoten (kn). Ist sie über dem Boot angelangt, bricht das Unwetter mit Sturmböen und starkem Regen los. Auf seiner Bahn über der Adria verursacht der Garbin kräftigen Seegang und oft große Schäden. Im Juni, Juli und August, aber auch im Frühjahr und im Herbst ist gelegentlich mit ihm zu rechnen.
08 - Wasserhosen
Wasserhosen sind kleinräumige gefährliche Luftwirbel über See. Sie entwickeln sich aus großen, oft hochquellenden Wolkenbänken und sehen aus wie ein aus der Wolke zur Wasseroberfläche herunter-hängender Schlauch. Das erste Anzeichen einer sich bildenden Wasserhose ist eine zylinder- oder trichterförmige Ausbuchtung an der Wolkenunterseite, die langsam nach unten wächst. Noch bevor der Wolkenschlauch die Wasseroberfläche erreicht, wird durch den vorauseilenden Luftwirbel Gischt hochgerissen.
Am Mittelmeer haben Wasserhosen an ihrem Fußpunkt einen Durchmesser von bis zu 100 Metern. Die im Inneren rotierenden Luftmassen können Geschwindigkeiten von über 200 km/h (= 108 kn) erreichen. Am äußeren Rand der Wasserhose herrscht eine nach oben gerichtete Luftströmung, die Gischt bis in 100 m Höhe reißen kann. Lebensgefahr besteht im Innern und im Randbereich des Wolkenschlauches.
Wasserhosen entstehen am Mittelmeer in der Regel unmittelbar an einer Kaltfront, also dort, wo relativ trockene Kaltluft auf feuchte Warmluft trifft und sich als Folge in der Atmosphäre eine labile Luftschich- tung einstellt. Dieser Vorgang zeigt sich in der raschen Bildung einer mächtigen Wolkenwand. Ob sich daraus eine Wasserhose entwickelt, hängt jedoch noch von weiteren, teilweise unbekannten Umständen ab. Die Wetterlage ähnelt der im Absatz „Garbin“ beschriebenen.
Über der Adria treten Wasserhosen sporadisch auf, und zwar vorzugsweise zwischen Mitte August und Ende Oktober. Ihr räumlicher Schwerpunkt liegt an der Westküste Istriens und an den äußeren Kvarner-Inseln. Südlich von Split sind sie fast nie anzutreffen. Wasserhosen haben eine Lebensdauer zwischen 30 Sekunden und 15 Minuten.
Einer rechtzeitig entdeckten Wasserhose kann man ausweichen, wenn man quer zu ihrer Zugrichtung abläuft. Das ist für einen Segler unter Motor leicht, ein Paddler muss da schon sehr kräftig „schaufeln“, um aus dieser Gefahrenzone zu kommen. Dabei ist zu beachten: 1 Wasserhosen ziehen mit den Wolken (Zuggeschwindigkeit 8 bis 15 kn). 2 Die Zugbahn (oft von Süden nach Norden) hängt vom Höhenwind ab, der eine andere Richtung als der Bodenwind haben kann. 3 In Küstennähe schwenken Wasserhosen in ihrer Endphase häufig in Richtung Land ab.
09 - Gewitter
Bei der Gewitterhäufigkeit nimmt die Adria in Europa einen Spitzenplatz ein. Blitz und Donner suchen dieses Meer vor allem im Juli, August und September heim, und zwar an der Nordadria an bis zu neun Tagen im Monat, in Dalmatien an ca. vier Tagen. Gewitter verursachen in der Regel stürmische Böen. Deshalb ist auf dem Wasser bei einem solchen Unwetter große Vorsicht geboten. Die Böen setzen ein, wenn die drohend-dunkle Wolkenwalze des Gewitters über dem Boot angelang tist. Sie erreichen 6 bis 8 Bft, in Verbindung mit einem Garbin sogar bis 11 Bft, und kommen in der Regel aus westlicher Richtung. Gewitter dauern selten länger als eine Stunde. Gelegentlich folgt einem Gewitter aber ein weiteres.
Gewittervorhersage
Voraussetzung für die Gewitterbildung ist eine labile Luftschichtung, die durch eine starke Temperaturab- nahme in Höhen über 3000 Meter entsteht, an der Adria zumeist in Verbindung mit dem Aufheizen der bodennahen Luft. Gewittrige Wetterlagen werden von den Meteorologen zwar rechtzeitig erkannt, wo genau die kleinräumigen und kurzlebigen Gewitter ihr Spektakel veranstalten, weiß aber niemand zuverlässig vorherzusagen. Der Eigenprognose kommt deshalb ein großer Stellenwert zu. Sie ist aber nicht immer einfach.
Gewittervorboten
Tagsüber ist bei klarem Wetter und schwacher Bewölkung der klassische Gewittervorbote, eine sehr hochquellende, blumenkohlförmige Haufenwolke, leicht zu erkennen. Beginnt diese Wolke an ihrem oberen Rand seitwärts diffus auszufasern, und nimmt sie schließlich „Ambossgestalt“ an, so wächst die Gewittergefahr enorm an. In der Nacht, bei starkem Dunst oder bei geschlossener Wolkendecke wird man oft erst durch Blitz und Donner gerade noch rechtzeitig auf ein sich näherndes oder vorbeiziehendes Ge- witter aufmerksam. Auf dem Wasser ist der Gewitterdonner bereits in einer Entfernung von ca. 15 Kilo- metern zu hören, und der Blitz hat nachts als Wetterleuchten eine Reichweite von bis zu 80 Kilometern. Eine in unmittelbarer Nähe heranwachsende Gewitterwolke bleibt dagegen bei Dunkelheit oder schlechter Sicht den menschlichen Sinnen meistens verborgen. In einem solchen Fall kann noch vor dem ersten Donnerschlag unvermittelt eine Gewitterbö über das Boot oder den Lagerplatz herfallen.
Auch wissenswert: An der Adria treten die gefährlichsten Böen im rechten Bereich (in Zugrichtung gese- hen) der Gewitterfront auf. Einem aus Westen sich näherndem Gewitter sollte man deshalb möglichst nach Norden ausweichen. Das gilt für Segler, für uns Kajaker dürfte diese Option wegen der großen Aus- dehnung der Gewitterfront wohl in den wenigsten Fällen durchführbar sein. Bei uns gilt es, das Gewitter mit Paddelanorak und Schwimmweste direkt abzuwettern. Die Gefahr durch Blitzschlag ist auf dem Meer sehr klein.
10 - Gezeiten
Ebbe und Flut sind in der Adria nur schwach ausgeprägt und dort deshalb eigentlich kein großes Thema. Aber auf einem Lagerplatz, bei dem der Kajak nur wenige Zentimeter an Land gezogen und das Zelt un- mittelbar am Wasser aufgebaut wird, ist auch ein kleiner Gezeitenhub von Bedeutung. Der Unterschied zwischen Niedrigwasser und Hochwasser wird in der Adria von Süden nach Norden größer. Er beträgt in Dubrovnik bis zu 35 cm und in Koper bis zu einem Meter. Die Gezeiten der Adria variieren je nach Mondstellung zwischen einer halbtägigen und einer eintägigen Form.
Halbtägige Gezeiten:
Be iVoll- und Neumond ist die Gezeitenperiode halbtägig. Das heißt, zwischen Niedrigwasser und Niedrigwasser liegen ca. 12 Stunden. Anders ausgedruckt: Ebbe und Flut wechseln ca. alle 6 Stunden. Bei dieser Konstellation - Sonne, Mond und Erde befinden sich auf einerLinie - ist der Tidenhub am größten, weil die Anziehungskräfte von Sonne und Mond zusammen wirken.
Eintägige Gezeiten:
Etwa15 Tage später bei Halbmond, wenn Sonne und Mond, von der Erde aus betrachtet, in einem Winkel von 90 Grad zueinander stehen sind die gezeitenbildenden Kräfte und folglich auch der Tidenhub am kleinsten. Dann wird man in der Adria die eintägige Gezeitenform vorfinden, zumindest an Küsten, denen Inseln vorgelagert sind. Während der anderen Mondphasen herrschen gemischte Gezeiten vor.
Der Wasserstand wird aber nicht nur durch Sonne und Mond beeinflusst. Oft spielt auch der Wind eine Rolle. So lässt der Südwind Jugo vor allem in der nördlichen Adria den Wasserspiegel ansteigen. Umge- kehrt verringert eine sehr starke und lang andauernde Bora in einigen Häfen der östlichen Adria die Wassertiefe. Im Stadthafen von Rab kann bei Bora und gleichzeitigem Niedrigwasser das Wasser um bis zu einem Meter fallen.
Sogar der Luftdruck hat Auswirkungen. Bei hohem Druck fällt der Wasserspiegel, bei niedrigem steigt er. Für die Adria gilt die Faustformel: Ein Hektopascal (hPa) verändern den Wasserstand um einen Zenti-meter.
11 - Strömungen
Strömungen laufen in der Adria in der Regel entgegen dem Uhrzeigersinn. Das heißt: An der kroatischen Küste bewegen sich die Wassermassen an der Inselaußenseite mit maximal 0,15 kn nach Norden, an der italienischen Adriaküste bis maximal 0,3 kn nach Süden. Nur am Stiefelabsatz erreicht die Strömung 0,5 Knoten.
Lediglich in sehr engen Passagen zwischen den Inseln kann die Stromstärke unter dem Einfluss von Wind und Gezeiten bis zu 5 kn erreichen, wenn die Wellen durch den Sund gepresst werden. In be- stimmten Situationen ändern die Wassermassen abrupt ihre Richtung um 180 Grad.
Das sind die allerwichtigsten Informationen zum Wettergeschehen und deren Auswirkungen auf eine Seekajak-Tour in der Adria, die zu beachten sind. Zusätzlich verweise ich auf das im Beitrag KT09 vorgestellte Dutzend allgemeiner „Wetter-Regeln für Seekajaker“ und sehe diese als eine sehr sinnvolle Ergänzung und Hilfe.
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