| KP-15 - Abspannen: Kanadier auf Autodach - eingespleißte Traggriffe
verfasst 2012 - geändert am 27.05.2013
Ein äußerst aufgeschlossenes Forumsmitglied der Outdoorseiten fragte nach der Zweckmäßigkeit einer Transportmethoden eines Kanadiers auf dem Autodach. Dabei stellte er eine ähnliche Befestigungsart vor, wie ich sie oben beschrieben hatte, nur dass er einen Dachständer verwendete und die Abspannung nicht an die seitlichen Enden der Dachreling befestigte, sondern mittig am Querträger.
Ihm antwortete ich mit folgender Stellungnahme, in leicht abgewandelter Form und wies dabei auf die Zweckmäßigkeit meiner Variante hin:
... such Dir an Bug und Heck einen Befestigungspunkt für ein Seil, Gurt usw., schlaufe die Mitte doppelt ein und verspann die Befestigunsseile/-gurte zu den Enden Deiner Dachreling. Bei einer Bremsung/Unfall halten die Seile den Kanadier auf dem Dachträger in Längs- und in Querrichtung, ohne dass er dabei verrutscht. Dann musst Du auch nicht die Spanngurte über den Kanadier so festknallen, dass sich das Bootsmaterial verformt. Außerdem schränkt kein störendes Seil den Sichtbereich des Fahrers ein.
Deine vorgestellte Methode ist im Prinzip gleichwertig, nur dass Du Bug und Heck am Dachträger befestigt hast. Bei einer Vollbremsung oder Crash sind aber die vier Auflagepunkte des Querträgers auf der Dachreling schon extrem belastet.
Alles weitere kannst Du ja aus meinem „Dachtransportposts“ im Seekajaking-Thread entnehmen, den Du ja bereits kennst. Habe da auch von meinem Kanadier-Transport mit einem „normalen“ Bootsträger geschrieben.
Ein paar Bilder, von meinem Kanadier und der Bug- und Heckbefestigung
Bild 1: Mein alter Kanadier, wie er in der Garage hängt. Am Tragring, den ich eingespleißt habe, ist das Spannseil eingeschlauft, die beiden seitlich aus dem Bild laufenden Enden werden an der Dachreling abgespannt. Nicht am Bootsträger fixieren, sondern direkt an der Dachreling, weil dann die vier Befestigungspunkte der Querträger bei einer Bremsung entlastet werden.
Bild 2: Detailansicht meiner Trageschlaufen am Kanadier. Man kann den eingespleißten Stahlring gut erkennen. Diese Konstruktion hat seit über 40 Jahren Bestand und hat sich dabei bestens bewährt.
Bild 3: Weiteres Bild der Trageschlaufe aus einer anderen Perspektive. Es wird auch bei Deinem Boot eine Möglichkeit geben, das Seil am Bugund Heck entsprechend mittig anzubringen. Notfalls musst Du am Sitz die Seile/Gurte fixieren. Allerdings hat das den Nachteil, dass das Seil im Extremfall verrutschen kann.
Die genauen physikalischen Ableitungen findest Du ebenfalls im Seekajaking-Thread. Geh einfach ins Inhaltsverzeichnis. Nur nebenbei: Der Einwand eines Users, dass bei zu heftigem Verzurren, Carbonboote „geknackt“ werden, bestätigt nur meine „matetialschonende“ Variante des Dachtransports, die ich so vehement Anfang letzten Jahres (2011) verteidigt habe.
Es folgt ein Sicherheits-Smiley „zwinkern“, damit sich keiner der konservativen Transportspezialisten auf den Schlips getreten fühlt. Eine anfangs kontroverse Diskussion, die letztendlich doch Früchte getragen hat
In dem Forum der Outdoorseiten, in das ich meinen Vorschlag zum Transport eines Kanadiers auf dem Autodach eingestellt hatte, kam bei den obligatorischen emotionalen Debatten ein Gedanke auf, wie man sich gegenüber der Obrigkeit oder bei einem Gerichtsverfahren verhält und welche Möglichkeiten bestehen, präventiv dagegen vorzubauen.
Es kristallisierte sich dabei heraus, dass bei der Verwendung von zertifizierten Zurrmaterial man weniger Schwierigkeiten bei Verkehrskontrollen und im Gerichtssaal befürchten müsse, als ohne. Das ist völlig richtig und ich musste diesen Argumenten zustimmen (siehe dazu meinen Beitrag KP-13 - „Berechnung der Bruchfestigkeit von Seilen nach StVO“ in den Ergänzungen). Diese eigentlich ironisch, scharfzüngig gemeinte Möglichkeit, zertifizierte Gurte beim Niederzurren des Kajaks bei der Verwendung der Kopf- und Hecklaschung zu verwenden, damit das Boot nicht auffliegt und bei Bodenwellen nicht zum Schwingen kommt (dafür würde ja eine Wäscheleine ausreichen), habe ich jetzt tatsächlich umgesetzt und mir diese Ratschen-Gurte mit blauem Waschzettel besorgt. Bei einer Kontrolle werden von den Ordnungshütern scheinbar immer diese bunten Wapperl an den Gurten gesucht, die praktisch zugelassenes Zurrmaterial kennzeichnet. So kann ich weiterhin meine doppelte Transportmethode mit den zwar überdinemsionierten Seilen, aber ohne Zertifizierung, verwenden. Gleichzeitig habe ich die Möglichkeit, durch das bequeme Niederzurren mittels der Ratsche den Druck z.B. bei Sturm auf den Kajak zu erhöhen - natürlich nur bis zur Biegegrenze des Dachblechs.
Zertifizierte Zurrgurte - ein Jurist hat mich überzeugt ... aus rein rechtlichem Blickwinkel
In einem abschließenden Beitrag habe ich in dem oben erwähnten Forum auf mein „Umdenken“ Bezug genommen und noch einmal meine absolut sichere doppelte Transportmethode mit der Verwendung von überdimensioniertem Zurrmaterial propagiert. Diesen Artikel möchte ich auch hier, um die Anonymität der Beteiligten zu wahren, leicht abgeändert, keinem interessierten Leser vorenthalten:
Hej Forumsgemeinde, und an alle diejenigen, die sich gegen mein Trägheitsmoment die Finger wundgeschrieben haben,
es war gestern ein langer ergebnisreicher Tag, den unser Jurist und ich hinter den Kulissen per Privatnachrichten erlebt haben.
Das Endergebnis war, dass ich von ihm überzeugt worden bin ... überzeugt, dass es sinnvoller ist, nicht nur bei einer Verkehrskontrolle, sondern auch bei einem schweren Unfall in einem Rechtsstreit zertifizierte Sicherungsmittel vorweisen zu können. Weil ich bisher zum Glück noch keine Erfahrungen auf diesem Gebiet habe sammeln müssen, erkenne ich aber jetzt, dass ich das alles ziemlich blauäugig gesehen habe. Zertifizierte Ratschengurte mit blauem „Waschzettel“ nach den entsprechenden VDI-2700-Normen, als Präventivmaßnahmen können eine Auseinandersetzung mit Ordnungshütern und Gerichten wesentlich erleichtern, vereinfachen, beschleunigen und kostensparender ist esvermutlich auch.
Deshalb habe ich mir noch gestern zwei zertifizierte Ratschengurte mit blauem Wapperl, spezifiziert nach der DIN EN 12195-2 und VDI 2700 Blatt 3.1 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“, besorgt. Ich werde diese beiden Gurte grundsätzlich zum Niederzurren meines Kajaks beim Autodach-Transport verwenden. Damit habe ich den § 22, Absatz 1, Satz 2 der StVO akribisch erfüllt!
Weil ich aber bei meiner Sache absolute Gewissheit haben möchte, verspanne ich meinen Kajak auch weiterhin zusätzlich noch mit Kopf- und Hecklaschung, so wie ich es in meinen Posts beschrieben habe und seit über 40 Jahren praktiziere. Das ist nach den VDI-2700-Normen zwar nicht notwendig, aber ich will sichergehen, dass meine Bootsbefestigung nicht nur die vorgegebenen mickrigen 0,9 ( Nur 90 % des Ladegewichts müssen zurückgehalten werden! Warum wird eigentlich nicht das volle Ladegewicht in die Berechnung eingesetzt, wenn es doch um die „absolute“ Sicherheit geht?) bei Fahrzeugen unter 2 t zulässigem Gesamtgewicht aushält, sondern die bei einer Vollbremsung mit maximal 2,0 g entstehenden Belastungen überdauert und dabei der Kajak auf dem Dach bleibt. So befinde ich mich auf der absolut sicheren Seite und überschreite die Minimalforderungen in den VDI-2700-Normen um weit über das Doppelte.
Als Laie, der in der Regel nur alle 2 Jahre einen Kajak-Autodachtransport von München nach Italien - Grado/Venedig (für eine Langfahrt auf dem Mittelmeer) durchführt und nach etwa 3 Monaten wieder zurück, kann ich es mir durchaus leisten, meine Transportart überzudimensionieren und beim Zurren mehr Zeit aufwenden, als ein Wildwasserfahrer, der viermal am Tag die Ammerschlucht hinunterrauschen will.
Ein Fazit, vielleicht als Abschluss zu diesem Thread: Ich habe bei unserer Diskussion sehr viel erfahren und auch feststellen müssen, dass es neben den rein technischen Optionen auch rechtliche Aspekte zu berücksichtigen gilt, die ich früher eigentlich relativ wenig beachtet habe. Selbst,wenn ich auch weiterhin den § 22, Absatz 1 der StVO „übererfülle“ und ich immer noch der Meinung bin, dabei auch mit Seilen (weniger mit „30-Jahre-alten Kälberstricken“) richtig zu handeln - der Einsatz von zertifizierten Zurrmitteln, bringt zumindest auf der rechtlichen Seite enorme Vorteile.
Aus meiner Sicht kann ich nur sagen: Ich habe hier eine Menge gelernt - Dank an allen, die sich in diesem Thread kreativ beteiligt haben. Artikel erstellt am 30.06.2012 1. Überarbeitung am 10.07.2012 2. Überarbeitung am 27.05.2013
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