| KP-14 - Verwendung zertifizierter Zurrmittel aus rechtlicher Sicht
verfasst 2012 - geändert am 27.05.2013
In dem anschließend vorgestellten Forumsbeitrag über den Transport eines Kanadiers auf dem Autodach (siehe Beitrag KP-15) - „Abspannen: Kandier auf dem Autodach - eingespleißte Traggriffe“ hat sich in der Diskussion ergeben, dass es nach rechtlichen Gesichtspunkten sehr zweckmäßig erscheint, zertifiziertes Sicherungsmaterial zu verwenden.
Ich habe in meinen „Tipps und Tricks“ bei den Outdoorseiten dieses Thema noch einmal aufgegriffen und betrachte es als unumgänglichen Zusatz zur Vorstellung meiner speziellen Kajaktransport-Methode direkt auf dem Autodach. Weil ich es nun (nach jetziger Einsicht) für sinnvoll erachte, zertifizierte Ratschengurte zu verwenden, ergänze ich meinen Ursprungsbeitrag KP-11 - „Kajaktransport mit dem Auto - Verwendung zertifizierter Zurrmittel“ mit diesen in den Outdoorseiten vorgestellten Artikel, in leicht abgeänderter Form:
Ergänzung: Ein Plädoyer für den Einsatz zertifizierter Transportmittel aus rechtlicher Sicht
Alle Jahre wieder ... werden bestimmte Themen hochgekocht und gebetsmühlenhaft mit den stereotypen Kommentaren aus Unverstand, Nicht- und Halbwissen gefüttert, die einfach nachgeplappert werden, was immer wieder zu den selben kontroversen, ergebnislosen Diskussionen führt. Heuer ist dies bei dem Thread: „Transport: Kanadier auf Autodach“ geschehen, in dem ich involviert bin!
Im Verlauf der Diskussion habe ich erneut feststellen müssen, dass zum speziellen privaten Autodach-Transport von Kanadiern, Kajaks und kleinen Booten das Fachwissen und die allgemeinen physikalischen Grundkenntnisse sich auf extrem niederen Niveau bewegen.
Paradoxerweise werden von vielen Diskussionsteilnehmern beim privaten Befördern von Kanadiern und Kajaks auf dem Autodach nicht die sichersten und für die Boote besten Transportmethoden propagiert und man tritt auch nicht dafür ein, dass man die Forderungen des § 22, Absatz 1, Satz 1 „übererfüllt“, um somit sich auf der absolut sichern Seite zu fühlen, damit nicht nur sein Eigentum ohne Schaden zum Ziel gelangt, sondern, was viel wichtiger ist, damit andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden.
Der § 22, Absatz 1 der StVO heißt: (1) Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.
Eigentlich sagt Satz 1 alles aus! Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei einer Diskussion mit Polizei und TÜV bei einem Transport auf dem Autodach im Privatbereich ausschließlich dieser eine Satz zitiert und erst bei Nachfrage auf Satz 2 eingegangen wird.
Wieso wird dann aber bei lapidaren Forendiskussionen beim Bootstransport auf dem Autodach immer wieder dieser zweite Satz von § 22, Absatz 1 der StVO ins Spiel gebracht, besonders hervorgehoben und auf ihm permanent herumgeritten? Der gibt doch nur an, dass dabei die „anerkannten Regeln der Technik“ einzuhalten sind. Was sagt aber dieser Satz aus? Heißt es hier, diese Regeln der Technik sind strikt einzuhalten oder dürfen sie auch übertroffen werden, nach dem alten Slogan der Metzgerinnung: Darf's ein bisserl mehr sein? Welche Antwort würde einem logisch denkenden Menschen, einem engagierten, gesetzestreuen, sicherheitsbewussten Laien, in unserem konkreten Fall dazu einfallen?
Meine Transportmethode, das Nonplusultra der Ladesicherung nach den „Regeln der Technik“
Nach der aktuellen Rechtssprechung, so habe ich erfahren, werden als „Regeln der Technik“ die VDI-2700-Richtlinien und ihre Ableger angesehen. Diese Richtlinien sind aber weiter nichts, als die Minimalanforderungen einer Ladungssicherung für den gewerblichen Güterverkehr, den ein Spediteur heutzutage unbedingt einhalten muss - zum großen Nachteil seiner Gewinnmaximierung! Für mich persönlich zähle ich zu den „anerkannten Regeln der Technik“ außerdem auch die Kenntnisse der Physik, deren praktischen Umsetzung im Alltag und die Anwendung des vernünftigen Menschenverstands.
Ich verwende seit über 40 Jahren (Die VDI-2700-Richtlinien sind ab 2002, also erst vor 10 Jahren langsam ins Leben gerufen worden.) eine doppelte Transportmethode, die als formschlüssige (Kopf- und Heck-Laschung) und kraftschlüssige (Niederzurren) Ladesicherung in den VDI-2700-Richtlinien ihren Eingang gefunden haben. Außerdem habe ich bereits vor der VDI-Richtlinien-Ära überdimensionierte Zurrmittel verwendet, die eine Vollbremsung bis zu 2 g locker überstehen, auch wenn sie aus Naturseilen bestanden haben. Genau diese absolut zuverlässige Transportmethode habe ich in meinen Beiträgen - KP-11 - „Kajaktransport mit dem Auto - Verwendung zertifizierter Zurrmittel“, - KP-12 - „Kräfteverteilung beim Kajak-Transport auf dem Autodach“, - KP-13 - „Berechnung der Bruchfestigkeit von Seilen nach StVO“, beschrieben - eine Methode, die in den VDI-2700-Richtlinien als beste Ladesicherung eingestuft wird und ich benutze dazu noch Sicherungsmittel, die weit über dem mickrigen Wert von 0,9 (Warum müssen denn nur 90% des Ladegewichts zurückgehalten werden?) liegen, die die VDI-Norm bei „Transportern“ (nicht PKW!) unter 2 t zulässigem Gesamtgewicht vorschreibt.
Ist eine überdimensionierte Ladesicherung überhaupt zulässig?
Nun meine etwas provokative Fragen an die Forumsgemeinde: Muss ich jetzt meine übermäßig starken, allerdings nicht zertifizierten Zurrmittel, die aber für über 2 g ausgelegt sind, auf die niederen Werte, die in der VDI-2700, Blatt 16 (Ladundssicherung bei Transportern bis 7,5 t) verbindlich vorgegeben ist und den „anerkannten Regeln der Technik“ entsprechen, unbedingt reduzieren und soll ich nur Zurrmittel verwenden, die genau diesen Vorgaben entsprechen? Oder darf ich mein bewährtes Spannmaterial mit den höheren sichereren Werten weiterverwenden? Wer da noch Diskussionsbedarf hat ... bitte!
Die rechtlichen Vorteile bei der Verwendung von zertifizierten Zurrgurten
Allerdings hat sich ein für mich sehr wichtiger Punkt bei dieser Forendiskussion herauskristalisiert, der für zertifizierte Ratschengurte spricht und den unsere Juristen aufgeworfen haben: Bei einer unerwarteten Auseinandersetzung mit Ordnungshütern und Streitigkeiten vor Gericht dürfte es ein großer Vorteil sein, zertifizierte Transportmittel vorweisen zu können. Damit könnte eventuell ein Gutachter entfallen, der für teures Geld, meine zwar nicht zertifizierten, aber in Wirklichkeit überdimensionierten Seile überprüfen und dann zwangsweise anerkennen muss. Weil ich auf diesem Gebiet zum Glück bisher noch keine konkreten Erfahrungen habe sammeln dürfen, habe ich diesem Aspekt noch keinerlei Beachtung geschenkt.
Bei genormten Ratschengurten mit farbigem „Waschzettel“ nach den entsprechenden VDI-2700-Richtlinien, können bei einer Verkehrskontrolle aufkeimende Meinungsverschiedenheiten wesentlich leichter aus dem Weg geräumt werden, wenn diese bunten aufgenähten Erkennungsfahnen den Ordnungshütern sofort ins Auge stechen. Das habe ich jetzt kapiert und sehe es als triftigen Grund an, solche zertifizierten Ratschengurte sichtbar beim zukünftigen Bootstransport einzusetzen, wenn sie auch nur höchstens zu 1/4 gegenüber meinen neuen gespleißten Lasching-Seilen belastet werden dürfen!
Deshalb habe ich mir zwei zertifizierte Ratschengurte mit blauem Wapperl, spezifiziert nach der DIN EN 12195-2 und VDI 2700 Blatt 3.1 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“, besorgt. Ich werde diese beiden Gurte als Ersatz für die Seile grundsätzlich zum Niederzurren meines Kajaks beim Autodach-Transport verwenden, zusätzlich zu meiner Kopf- und Hecklaschung. Damit habe ich ab sofort den § 22, Absatz 1, Satz 2 der StVO akribisch und hoffentlich diskussionsfrei erfüllt!
Natürlich muss jeder verantwortliche Fahrzeuglenker, der einen Transport durchführt, nur die Mindestanforderungen nach den VDI-2700-Richtlinien einhalten, nur dazu ist er verpflichtet. Als „Gelegenheitsspediteur“ reichen diese für mich persönlich aber keinesfalls aus, da gehe ich lieber auf Nummer sicher!
Ich möchte diesen Beitrag mit den Worten eines unserer Juristen abschließen, die meines Erachtens das Wesentliche beschreiben, auf das es bei meiner Transportweise primär ankommt:
Der viel wichtigere Grund, vielleicht über die notwendige Sicherung mit erhöhter Aufmerksamkeit zu schauen, ist aber meiner Meinung nach eher, niemand anderen zu gefährden. Ein Bußgeld ist schnell bezahlt. Den Tod Unschuldiger kann man nicht begleichen. Wenn es also etwas für den Transport von Kajaks/Kanadier gibt, das ausschließt, dass derartiges passiert, würde ich aus meiner persönlichen Sicht genau dazu raten und nicht zur Einhaltung der „Mindest-Sicherheit“.
Für diese klare Meinung bedanke ich mich!
PS: Für mich ist es wichtig, diesen Aufsatz als Ergänzung zu meinen Beiträgen über meine Art des Kajaktransports auf dem Autodach zu betrachten, sehe ich jetzt für den Einsatz von zertifizieren Zurrmaterial einen effektiven Sinn dahinter, nicht aus technischer Sicht, da bestehe ich weiter auf meinen Standpunkt, aber aus reinen rechtlichen Erwägungen. Das ist der Grund, warum ich dieses Thema in diesem Thread noch einmal angesprochen habe. Ich habe im Inhaltsverzeichnis entsprechend darauf hingewiesen. Artikel erstellt am 11.07.2012 1. Überarbeitung am 27.05.2013
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