| BG-20 - Grundkenntnisse des Soloreisens - Fertigkeiten
verfasst 2013 - geändert am 02.02.2013
Wenn man sich auf einer längeren Soloreise befindet, muss man praktisch seinen ganzen Hausstand mitführen. Aber nicht nur das Equipment ist wichtig, sondern auch das Wissen über die gesamte Hauswirtschaft und die dazu erforderlichen manuellen Fähigkeiten!
Nun ja, eine Hausfrau hat es da sehr leicht, sie ist diese Tätigkeiten schon ein Leben lang gewöhnt. Aber wie schaut es bei den Herren der Schöpfung aus, oder bei der heutigen Jugend? Nicht das Arbeiten mit allen möglichen Hilfsmitteln ist dabei gemeint, wie Waschmaschine, Wäschetrockner, Kühlschrank, Gefriertruhe, Herd, Staubsauger, Nähmaschine, sondern das alles soll ja draußen mit reiner Handarbeit ausgeführt werden - eben für das selbsterwählte Ourdoorleben. Gerät der moderne Mensch heute schon beim Kochen in Schwierigkeiten, weil er die Gebrauchsanweisung des elektrischen Büchsenöffners nicht mehr findet oder vielleicht über die unsichere Mengenangabe des kochenden Wassers für das gefriergetrocknete Tütenfutter stolpert, wird es für ihn beim Survival zur handfesten Misere ausarten. (Smiley:„Lächeln“)
Komplikationen beim Solo-Outdoor-Leben
Aber genau da treten die Probleme auf. Auch wenn man die allerbesten, die teuersten Utensilien mitführt, irgend wann einmal gehen auch diese kaputt und man muss sie reparieren. Das muss nicht Verschleiß sein, den kann man durch hochwertige Materialien minimieren, sondern Schäden entstehen meistens durch Unfälle, Leichtsinn. - Schleicht man durchs Gestrüpp, bleibt man mit dem Ultraleicht-Rucksack hängen, reißt ihn vielleicht auf. Bei einem Sturz fädelt die Kleidung an einem Ast ein und wird beschädigt oder bei einem der beliebten hohen Feuer direkt am Lager können durch Funkenflug Brandlöcher in den Plastikstoffen von Kleidung, Tarp, Zelt, Isomatte, Schlafsack usw. entstehen. Noch schlimmer, kann es werden, wenn man leichtsinnigerweise im Zelt selbst oder unter der Apsis kocht und beim Umrühren den offenen Spiritusbrenner umstößt oder beim Anheizen des Benzinkochers eine Stichflamme entsteht, ja sogar gefährlich, wenn dabei das Folien-Leichtzelt zu brennen und der schmelzende Kunststoff der Zeltwand auf einen zu tropfen beginnt und keine Fluchtmöglichkeit besteht, weil man selbst im Zelt hockt. Scherereien bekommt man auch, beim versehentlichen Verschütten der fettigen Tomatensoße über Jacke, Hose, Matte oder Schlafsack oder wenn man schlicht an einem lehmigen, mit feuchtem Gras bewachsenen Abhang ausgleitet und diesen auf seinen „Vier Buchstaben" hinunterhoppelt. Da ist Instandsetzung und Reinigung angesagt.
Wer kann das noch?
Wer von den modernen Menschen, die sich als Outdoor-Enthusiasten outen, kann heute noch fachgerecht einen Knopf mit Steg annähen, ein ausgerissenes Knopfloch versäubern, eine aufgeplatzte Hosennaht flicken, bei dem das Futter und der Membran-Inliner einen direkten Zugriff auf die Naht verhindern, einen „Triangel" in der Hose zunähen (Das sind die kleinen dreieckigen Einrisse, die entstehen, wenn man an einem Stacheldraht hängen bleibt.), geschweige ein Loch in der Socke stopfen? Wer weiß, wie man einen Gras-, Harz-, Blutfleck aus der Hose oder Jacke bekommt, mit einfachsten Hilfsmitteln, ohne den gewohnten Reinigungssalon an der Straßenecke oder der Tube Fleckenentferner? Das ist nur ein winziger Teil der Fertigkeiten, die eine Hausfrau beherrscht, zumindest die meisten von ihnen. Aber auch die werden immer rarer! (Smiley: „Plafondblick")
Weiter geht es dann in der Küche: Essen zubereiten (nicht nur Büchsenessen oder Instantgerichte), frische Lebensmittel für kurze Zeit haltbar machen oder für längere Zeit konservieren, ein Huhn rupfen und ausnehmen, einem Hasen das Fell abziehen und ihn durch Spicken zum Braten vorbereiten, einen Fisch schuppen und filetieren usw. Nahrungsbeschaffung im heimatlichen „Outback“ ist der nächste Punkt: Beeren sammeln, Pilze suchen, die genießbaren natürlich, nicht die giftigen, auch essbares Gemüse finden und erkennen, vom Sauerampfer, über Bärlauch und essbaren Wurzeln, bis hin zum Löwenzahn für einen Salat und Brennnessel für einen Tee. Was ist, wenn die mitgenommene so beliebte Trockennahrung verdirbt, weil die Tüten beim Transport aufgeplatzt sind und Feuchtigkeit gezogen haben, abhanden kommt, über Nacht von tierischen Mundräubern (Meist sind es in Europa nicht die Bären, sondern die süßen kleinen Nagetiere, die keine Scheu vor den Menschen haben.) enteignet wird, weil man vergessen hat, den Verpflegungssack in den Bäumen aufzuhängen?
Lösungsansätze
Man muss kein ausgebildeter Handwerker sein, sollte aber über Grundkenntnisse in der Bearbeitung aller Materialien verfügen, die man als Ausstattung mitführt und die anfällig sind, defekt zu werden. Zumindest die einfachen mechanischen und textilen Teile sollte man instand setzen können. Das erfordert aber auch, dass man die Arbeitstechniken beherrscht und sie bereits vorher ausreichend geübt hat, um die nötige Erfahrung zu erhalten. Das Umsetzen von Theorie in die Praxis kann nicht erst vor Ort bei einem Anwendungsfall gelernt werden. Die Ergebnisse sähen dann vermutlich sehr fatal aus.
Bei den Gegenständen, die man nicht oder nur schlecht reparieren kann, muss man dann Wert auf höchste Qualität in Material, Verarbeitung und Design legen und auf Robustheit achten.
Ein wichtiger Aspekt, „outdoor“ erfolgreich bestehen und überleben zu können, ist die Fähigkeit zur Improvisation. Nach Wikipedia bedeutet „Improvisieren“, etwas ohne Vorbereitung, aus dem Stegreif dar- oder herzustellen. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Improvisation auch den spontanen praktischen Gebrauch von Kreativität zur Lösung auftretender Probleme. Beides, Improvisation und Kreativität, entwickelt sich in einem Zusammenspiel von Begabungen, Persönlichkeitseigenschaften, Wissen, Können, unterstützenden Umgebungsbedingungen und das Bestreben, etwas um seiner selbst willen zu tun, weil es einfach Spaß macht, Interessen befriedigt oder eine Herausforderung darstellt. Diese elementaren Eigenschaften sind aber von der einzelnen Person abhängig, wie sie mit ihrer Geisteshaltung umgeht, was sie selbst vom Leben erwartet und was sie daraus macht.
Hier kann ich nur meine persönlichen Ansichten schildern und welchen Nutzen ich daraus ziehe, was ich ja in den zahlreichen Beiträgen zuvor bereits getan habe. Sicherlich wird man mich als einen „spleenigen Sonderling“ betrachten, weil ich aus der Reihe des Mainstreams ausschere. Ich habe aber bereits den volksverdummenden Schienenzwang der Massengesellschaft und das Schwarz-Weiß-Denken überwunden, und sehe all die bunten Farben dazwischen. Mit fast 65 Jahren auf dem Buckel, bin ich immer noch begierig darauf, Neues zu entdecken, zu erfahren und dazuzulernen. Dank meiner vorsorgenden Lebensplanung kann ich es mir auch leisten, seit 13 Lenzen, nahezu jedes Jahr für längere Zeit auf Reisen zu gehen und in der Natur zu leben. Aber das ist meine Angelegenheit, wie ich mich in meinem Dasein eingerichtet habe. Ich will hier niemanden meine Ideologie aufzwingen!
Meine Erarbeitung der Grundlagen für die „Outdoor-Hauswirtschaft“
Nun, die meisten Informationen, wie ich die oben angeführten Umstände beseitigen kann, habe ich aus den „antiken“ Hauswirtschaftsbüchern. Das älteste stammt aus dem Jahre 1941. Dort sind noch die handwerklichen Verfahren im Haushalt beschrieben, die ohne große technische Hilfsmittel auskommen. Vieles habe ich zudem von meinen Eltern gelernt, notgedrungen, weil ich im Internat auf mich selber gestellt gewesen bin. Da ist kein Zimmermädchen gekommen, wie in einem Nobelhotel, der ich die zerrissene Hose zum Flicken hätte geben können. In jener Zeit ist alles mit „Do-it-yourself“ abgelaufen, mit mehr oder weniger sauberen Ergebnissen. Aber mit der Zeit bin ich perfekter geworden und habe auch Resultate erreicht, die sich haben sehen lassen können. Dasselbe gilt auch für die Textil- und Lederpflege.
Damals, im Internat, habe ich die Weichen für meine Unabhängigkeit gestellt. Wenn es auch einigen Usern missfällt und sie gänzlich anderer Meinung sind - ich habe bis jetzt noch keine staatlichen Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssen, und ich habe mich auch noch nicht durch Geldleihen und Kredite von anderen abhängig machen lassen. Selbst wenn einmal der Staat als Sozialdienstleister ausfallen würde, traue ich mir zu, nicht nur in der Natur zu überleben, sondern ebenso in der Zivilisation.
In diesen alten Hauswirtschaftsbüchern steht außerdem auch eine Menge über Kochen, Lebensmittel und die Kunde davon, Schlachten, Ausnehmen, Zubereiten, Haltbarmachen der Nahrung für kurze oder längere Zeit durch Trocknen, Einkochen, Räuchern, Einsäuern usw. Ein Glück, wer noch auf solche Bücher zurückgreifen kann. Als Kind war ich mit dabei, wenn Obst eingekocht, Gemüse/Kraut eingesäuert, Pilze getrocknet worden sind und habe auch bei den Hausschlachtungen mitgeholfen ... na ja, mehr zugeschaut. Das alles ist in meinem Langzeitspeicher des Gedächtnisses hängen geblieben und ich rufe es ab, wenn ich es brauche. Natürlich ist es dann notwendig, in den einzelnen Ratgebern nochmals nachzulesen, aber durch das in der Kindheit Erlebte, ist nachher die händische Tätigkeit erheblich erleichtert worden. Ich mache mir auch selber Gedanken, auf welche Weise ich die einzelnen Techniken verbessern kann. So verwendet meine Frau noch heute an Festtagen getrocknetes Pilzpulver zum Verfeinern der Soßen ... von Schwammerl, die wir noch vor der Tschernobyl-Katastrophe gefunden und dann mit dem von uns entwickelten speziellen Verfahren für lange Zeit konserviert haben.
Eine Fundgrube an Informationen stellen auch Jagd- und Angelbücher dar und natürlich das Internet. Beim Internet ist aber unbedingt Vorsicht geboten! Zu Vieles enthält falsche Angaben oder ist von Halbwahrheiten durchsetzt. Hier muss der Leser selbst urteilen, ob er die Informationen auch als gesichert übernehmen will. Was man zu einer zuverlässigen Entscheidungsfindung alles benötigt, brauche ich wohl hier nicht mehr extra aufführen.
Letztendlich sind alle modernen Erkenntnisse über Survival, Outdoor und Bushcraft nichts anderes als solche Informationen aus alten Hauswirtschafts-, Jagd- und Fischereibüchern, die nur speziell auf den jeweiligen Einsatzbereich zugeschnitten sind. Manchmal gehen sie sogar noch weiter zurück bis zu den historischen Anfängen der Prozeduren (zum Beispiel, das Waschen mit Holzasche, das Fallenstellen, primitives Jagen/Fischen usw.). Demgegenüber fehlen diesen „Werken“, die anfangs der Survival-Bewegung verfasst worden sind, oft die praxisbezogene Tiefe und Detailinformationen über Ursache und Wirkung, die man aber vor Ort aber braucht. Dazu haben diese frühen Autoren selber kaum etwas beitragen können, weil oft zu wenig an Wissen, Kenntnissen und Erfahrung in den einzelnen Bereichen vorhanden gewesen ist. Meist sind sie mit ihren nur angelesenen Beschreibungen an der Oberfläche geblieben, insbesondere wenn es um Reparaturen, Instandsetzung ihrer Siebensachen und weiterführend bei Bushcraft um spezielle Arbeitsverfahren (z.B.: Gerbverfahren, Leder- und Fellbehandlung, Nahrungsmittel konservieren usw.) gegangen ist. - Erst in der neueren Zeit beginnen die Wilderness-Instruktoren, die vormals nur be- und abgeschriebenen Verfahrensweisen auch selbst zu testen, zu erforschen, zu rekonstruieren, um das Alte wieder neu aufleben zu lassen. Meines Erachtens, ein äußerst wichtiger, interessanter Schritt in die richtige Richtung - sozusagen: „Experimentelle Archäologie“. Es wird aber sicherlich noch einige Zeit dauern, bis man zu wirklich brauchbaren Ergebnissen kommt.
Informationsbeschaffung „outdoor“, aber wie?
Heute gibt es für jede Lebenssituation Fachbücher, Ratgeber, und das Internet ist eine wahre Fundgrube an Informationen ... für das Lernen zu Hause und in der Vorbereitungsphase in meinen Augen unabdingbar.
Aber - und da liegt der Hase im Pfeffer - man hat all diese Unterlagen nicht zur Hand, wenn man sie draußen bräuchte. Gut, werden einige der nach der Moderne frönenden Outdoorler sagen - dafür nehme ich ja mein Smartphone mit, um überall das Internet erreichen zu können und mir dann die nötigen Informationen zu holen. Als „back up“ oder als bequemes Hilfsmittel, von mir aus gerne, auch als Luxusgegenstand, um sich vom gewöhnlichen Bushcraft-Freak abzuheben, sind Smartphone, Mobiltelephon, E-Book und GPS-Gerät und was es sonst noch alles an elektronischem Sammelsurium für das „Leben draußen“ gibt, ohne weiteres zu akzeptieren ... wenn der Nutzer auch bereit ist, die zusätzlichen Accessoires mitzuschleppen und diese auch bedienen kann. Ob dann die Geräte in der Wildnis auch wirklich verlässlich arbeiten, ob überhaupt eine Funkversorgung vorhanden ist, ob die Stromversorgung für die gesamte Tour ausreicht, ob die Geräte nicht beim „extremen“ Outdooreinsatz defekt werden, beim Paddeln absaufen, verloren gehen oder nicht schon in einer der letzten Siedlungen, von der man seine Wilderness-Tour aus startet, dem möglichen Schwund unterliegen, weil man bei der meist ärmeren Bevölkerung in Tundra, Dschungel, Wüste und an manchen einsamen Meeresküsten Begehrlichkeiten weckt, sei einmal dahingestellt. Der entsprechende Hinweis auf die verdeckte Führung der hochwertigen Habseligkeiten ist bereits in meinem ersten Beitrag „Einführung“ gegeben worden. Jeder Nutzer muss sich da schon seine eigenen Gedanken machen, mit welcher Ausstaffierung und Requisiten er in die Fremde reisen und wie und wann er sie einsetzen will. Für mich ein weiterer Grund, nicht mit meinem Equipment zu renommieren und nur einfache Geräte und für die Informationsbeschaffung nicht das Smartphone, sondern mein Gedächtnis zu verwenden.
Ich selber habe festgestellt, dass ich zwar kein wandelndes Lexikon sein muss, aber einige Kenntnisse über das Leben in der Natur, wie zum Beispiel über essbare Pflanzen, insbesondere über Pilze, Beeren und Kräuter (für Tees) sollte man schon mitbringen. Pflanzenkunde ist meines Erachtens wichtiger, als das Wissen, wie man eine Falle bauen und wo man sie aufstellen kann. Pflanzen zum Überleben findet man in der Wildnis wesentlich häufiger, als Tiere, die freiwillig in eine der selbst gebauten Fangvorrichtungen gehen, die irgendein Survival-Neuling im Internet einmal gesehen hat und wenn es einmal doch passiert, das erbeutete Lebewesen unter Umständen qualvoll verendet. Außerdem wird das Fallenstellen von nicht autorisierten Personen als Jagdfrevel angesehen und ist in deutschen Wäldern verboten, genauso wie das Fällen von Bäumen für das Romantik-Lagerfeuer zum Waldfrevel gehört. Wer den rechtlichen Aspekt nicht einsieht, sollte einmal in sich gehen und sich überlegen, ob es nicht besser wäre, sich einem anderen Hobby zuzuwenden und von der Natur fernbleiben!
Als Grundlage für mein Leben in der Natur dienen dazu meine Bibliothek mit den verschiedensten Ratgebern, die ich für den „Unterwegsgebrauch“ zielorientiert durchforste und mir die interessanten, für mich wichtigen, Resultate einpräge und meine handwerklichen Fähigkeiten, die ich mir im Laufe meines Lebens angeeignet habe. Diese Bearbeitungsmethoden wende ich permanent an, indem ich versuche, alle im Haus und Garten anfallenden Arbeiten in eigener Regie zu erledigen, alles selbst instand zu setzen und zu renovieren, auch die Kleidung. So bleibe ich ständig in Übung.
Vor Antritt einer Seekajaktour informiere ich mich zudem, welche essbare Nahrung ich in der Region finden kann. Es könnte ja tatsächlich einmal vorkommen, dass mir meine Vorräte an Lebensmittel wirklich ausgehen und ich dann über diese Kenntnisse froh bin. Zum Glück ist mir das noch nicht passiert. Ich habe während meinen Reisen auch nur in Ausnahmefällen meine „Eiserne Reserve“ anpacken müssen. In der Regel habe ich noch immer rechtzeitig einen Laden zum Einkaufen gefunden. Weil ich im Laufe der Jahre mein Gepäck reduziert habe, nehme ich jetzt auch mehr Lebensmittel und Trinkwasser mit, sodass ich auch längere Zeit autark unterwegs sein kann, ohne in einen größeren Versorgungsengpass zu geraten.
Meine Auswahl der Ausrüstung: einfach, robust, zweckmäßig, reparierbar!
Ich, für meinen Teil, gehe auf Nummer sicher und überlege mir schon vor Antritt der Reise, welches Equipment ich für notwendig und sinnvoll halte, mitzunehmen. Aus Erfahrung weiß ich zum Beispiel, dass mein Paddel-T-Schirt nach rund 1.000 km unter den Achseln so verschlissen ist, dass ich es auswechseln muss. Eine Reparatur wäre in diesem Fall völlig sinnlos und eine Naht würde nur zum Wundscheuern in der Achselhöhle führen. Deshalb nehme ich pro geplante „1.000 km“ ein T-Shirt als Ersatz mit. So brauche ich dabei wenigstens meine alten Klamotten auf.
Wenn aber, als weiteres Beispiel, der teure atmungsaktive Trockenanzug, den man im Nordmeer ständig tragen sollte, einreißt, aufgerieben oder anderweitig undicht wird und ich über Internet eine wunderbare Reparaturanleitung finde, den Schaden aber nicht ausbessern kann, weil ich das dazu erforderliche Reparaturmaterial: Kleber, Membran-Folie, Nadel und Faden nicht mitgenommen habe, um den Trockenanzug fachgerecht instand zu setzen, nützt mir das teure Smartphone auch nichts. Das würde mir aber kaum passieren, weil ich mich schon zuvor erkundige, ob ich so etwas überhaupt reparieren kann und wenn ja, was ich an Flickzeug zusätzlich mitnehmen muss. Meist würde ich mich dann für eine einfachere Ausführung entscheiden, insbesondere wenn ich mit dem Versagen der Membran sowieso rechnen muss, wie ich in früheren Artikeln bereits geschildert habe. Im sommerlichen Mittelmeer benötige ich aber bestimmt keinen Trockenanzug.
Versteht mich bitte nicht falsch. Ich habe nichts gegen eine Luxusausführung! Aber diesen noblen Dingen sind ebenfalls Grenzen gesetzt. Bei einem Ausfall muss ich letztendlich wieder auf mein Wissen, meine Fertigkeiten, meine Erfahrung, meinen vernünftigen Menschenverstand und auf mein Improvisationstalent zurückgreifen, wenn ich mich autark bewegen möchte. Ich bin Pragmatiker und für mich zählt nur das, was mich direkt und zuverlässig zum Ziel führt. Auf ein GPS-Gerät als alleiniges Orientierungsmittel, würde ich mich zum Beispiel nie verlassen!
Darum versuche ich, mein Zubehör weitgehendst selber herzustellen, denn das, was ich gebaut habe, kann ich auch in der Regel wieder reparieren. Natürlich habe ich mir auch die grundlegenden hauswirtschaftlichen Fertigkeiten angeeignet, wie zum Beispiel mit Nadel und Faden umzugehen, wie ich einen Schmutzfleck aus der Kleidung bekomme (zwangsweise im Internat erlernt und auch beim Bund angewendet) und wie ich mir aus der Natur Nahrung beschaffe, sie über eine gewisse Zeit konserviere und sie zubereite. Auch habe ich mir beim Erwerb der industriell fabrizierten Gegenstände Gedanken gemacht, wie ich sie bearbeiten kann. So liegt meinem Werkstattbeutel auch eine Tube Spezialkleber bei, um meine sich selbst aufblasende Isomatte (ein Zugeständnis an die Bequemlichkeit) bei Undichtigkeit (Loch, Riss, Klebenaht, Ventil usw.) reparieren zu können. Gleichzeitig habe ich untersucht, ob ich mit diesem Kleber auch andere Gegenstände instand setzen kann (funktioniert auch bei der Spritzdecke, Packsäcken und bei meinen Lukendeckeln).
Mein Bestreben geht immer in die Richtung, meine Outdoorausrüstung zu vereinfachen und zu minimieren. Darum benutze ich am Mittelmeer kaum noch ein Zelt, sondern nur das Tarp, wenn überhaupt. Mein Kochset habe ich auf meinen Solo-Seekajaktouren auf einen Hobokocher (Besteckkorb) und als Topf eine Gugelhupfform (Kamineffekt) mit Deckel zurückgeführt, das ausgezeichnet funktioniert. Bei meinen Streifzügen zu Hause verwende ich meinen Feldflaschenkocher. Näheres siehe im Inhaltsverzeichnis.
Im Prinzip bin ich in der Lage, alle mitgenommenen nicht motorischen und nicht elektronischen Geräte auseinanderzunehmen und auch wieder zusammenzusetzen und einzustellen. Das gilt auch für meine Fahrräder und für mein Liegerad, das ich mir vor Jahren selber gebastelt habe.
Bei der Anschaffung meines Mopeds und meines Campers, aka Schlaglochspion (Fiat Seicento), habe ich darauf geachtet, dass sie in jeder einfachen Werkstatt repariert werden können, also Fahrzeuge ohne viel Elektronik und überreichem Schnickschnack. Immerhin habe ich bis auf ein einziges Mal bei einem meiner Mopeds (Drahtbruch am Rotor der Magnetzündung) unterwegs noch keinen Werkstattaufenthalt benötigt. Alle normalen Wartungsarbeiten an Moped und Auto, kann ich selbst ausführen und mögliche Fehler weitgehendst eingrenzen, weil die entsprechenden Werkstattbücher in meiner Bibliothek vorhanden sind.
Auch bei meinem Kajak habe ich darauf Wert gelegt, dass es absolut robust gebaut ist. „HTP“ als Bootswerkstoff hat bis jetzt seine Versprechungen gehalten, obwohl das Boot in keinster Weise geschont worden ist. Kompass, Lenzpumpe und Fußsteuerung sind von mir selbst eingebaut worden, sodass es keiner Mühe bedarf, die Bauteile wieder zu demontieren und zu reparieren oder zu ersetzen. Natürlich führe ich das dazu nötige Werkzeug mit.
Mit der Nautik habe ich keine Schwierigkeiten, meinen Kurs und meinen Standort im Mittelmeer nur mit Karte und Kompass oder mit dem Angelschnursextanten zu bestimmen. Zugegeben, ich verwende da aus Bequemlichkeit mein altes GPS-Gerät. Ebenso benutze ich mein Uralt-Notebook als Tagebuch und zur Buchführung. Parallel dazu begleitet mich aber auch ein ganz normales Notizbuch, in das ich meine nautischen Daten sicherheitshalber zusätzlich eintrage.
Früher, bei meinen ersten Solo-Moped-Reisen, ist die Telefonzelle immer Anlaufstelle gewesen, um meinen Standort an zu Hause durchzugeben. Im Zuge des europaweiten Funknetzausbaus habe ich dann auf das Mobiltelefon umgestellt. Die Skandinavier waren die ersten, die ihr Funknetz flächendeckend installiert haben und ich bin begeistert gewesen, auch an der Nordkalotte und auf der Nordkinn-Halvøya außerhalb der Funkschatten, eine Verbindung mit zu Hause bekommen zu haben. Mein erstes Handy, ich glaube es stammt aus dem Jahre 1998, verwende ich noch heute auf meinen Reisen, weil es mit normalen AA-Batterien (wie alle meine elektrischen Geräte: Digitalkamera, Mini-Camcorder, Notebook, Stirn-, Stableuchte, GPS-Empfänger) betrieben wird und ich so nur einen einzigen Batterietyp mitnehmen muss, den man außerdem überall in Europa kaufen kann. Das ist der eigentliche Grund, warum ich an meinen alten elektronischen Geräten festhalte - nicht weil ich mir hochwertigere Elektronik nicht leisten könnte, sondern ausschließlich aus rein praktischen Gründen. Wohlgemerkt, all diese Elektronik bräuchte ich für mein Outdoor-Leben nicht, und ich könnte genauso gut darauf verzichten, aber auch ich gehöre zu den bequemen Menschen, zumindest im Seekajak und im Auto. (Smiley:„Lächeln“)
Allerdings mache ich mich von diesen Geräten in den überlebenswichtigen Bereichen (Orientierung und Wissen) nicht abhängig, sondern habe noch genügend Alternativen im Kopf parat. Auf meinen sämtlichen Touren, gleichgültig ob ich auf Wanderungen, mit dem Fahrrad, Moped, Auto unterwegs gewesen bin oder auf meinen langen Seekajaktouren, habe ich noch nie um fremde Hilfe betteln müssen, um mich aus einer durch Inkompetenz selbstverschuldeten Notlage befreien zu lassen. Es ist weiterhin mein Ziel, meine Touren ohne fremde Hilfe durchzuführen.
Aber das ist nur meine persönliche Meinung! Niemand muss sie für gut befinden, insbesondere wenn er nicht mit so bescheidenen Mitteln unterwegs sein will, wie ich es mir zum Grundsatz gemacht habe. (Smiley: „Zwinkern“) Als Outdoorler empfinde ich aber diese einfache, unabhängige Art zu reisen für durchaus zweckmäßig und angebracht. Daher muss ich keinem Einheimischen auf der Tasche liegen und brauch mir nicht vorzuwerfen, mich auf meinen geplanten Touren gezielt durchzuschmarotzen. Aber leider wird das immer noch viel zu häufig propagiert und auch angewandt. Das hat aber mit unserem Outdoor-Gedanken nichts mehr zu tun! Diese Art von „Rucksackreisen“ gehören für mich in die Kategorie „Ohne Geld um die Welt“, die ich grundsätzlich ablehne, weil sie die meist ärmere einheimische Bevölkerung ausnützt.
Genau da bin ich wieder bei der kritisierten „Bescheidenheit“ angelangt!
Den Begriff „Bescheidenheit“ beziehe ich nicht ausschließlich auf die materielle Bedürfnislosigkeit, wie einige Leser meine in diesen nur erklärenden, ausschließlich untermauernden Hinweisen auf andere Sachverhalte mit vielleicht zu unpräzisen, etwas oberflächlichen Texten interpretieren, sondern ich schließe auch die zwingend erforderliche Toleranz, Selbstbeherrschung, Zurückhaltung, Aufrichtigkeit und Schlichtheit mit ein, damit ich im Leben einigermaßen sorglos über die Runden komme, sei es im Beruf, in der Gesellschaft, im privaten Bereich oder eben auf Reisen, insbesondere ins Ausland.
Das Auftreten und die Etikette mancher Touristen aus unserem Land an den Gestaden des Mittelmeers und die unüberlegte, selbstgefällige Inanspruchnahme des Jedermannsrechts mit den entsprechenden Manieren in Skandinavien hat oft nichts mehr mit Bescheidenheit im Sinne von Disziplin, Höflichkeit und Mäßigung zu tun. Da ist es kein Wunder, dass uns Deutschen überwiegend jene typischen Untugenden nachgesagt werden, mit denen wir bei der Bevölkerung des Gastlandes nicht gut ankommen. Dabei haben gerade wir Outdoor-Freaks, die wir uns ja von den meist übermotorisierten „Pauschaltouristen im Offroad-, Shore- und Offshore-Bereich“ so merklich abheben wollen, eigentlich alles in der Hand, um diesem negativen Image entgegenzuwirken.
Anständigkeit, Selbstlosigkeit, Rücksichtnahme, Benehmen und Respekt gegenüber den Einwohnern der besuchten Regionen sollten eigentlich zu den Grundvoraussetzungen und Selbstverständlichkeiten gehören, die jedem von uns bewusst sein sollten. Noch haben wir Outdoor-Freaks, die sich vom Touristenrummel merklich abheben, im Ausland einen gewissen Bonus an Sympathie, zumindest die Seekajaker im Mittelmeer.
Diese hohe Beachtung und dieses großzügige Entgegenkommen seitens der Einheimischen will ich mir aber nicht verscherzen! Deshalb verhalte ich mich im Ausland auch mit entsprechendem Feingefühl, wahre die regionalen Umgangsformen, passe mich den örtlichen Begebenheiten an und bin eigentlich immer gut damit gefahren! |