BG-05 - Extremismus

 

verfasst 2011 - geändert am 30.11.2011

 
Uns Deutschen wird von unseren Nachbarn in Europa oft Perfektionismus nachgesagt. Perfektionismus kann aber auch ausarten, was in unserem Land laufend zu beobachten ist: Der typisch Deutsche fällt sehr gerne von einem Extrem in das andere. Es gibt glühende Befürworter einer Sache und strikte Gegner. Das kann nun positiv, aber auch negativ aufgefasst werden.

 

Die negativen Auswirkungen auf dem Gebiet der Politik haben unsere Eltern und Großeltern vor rund 80 Jahren am eigen Leib hautnah erfahren dürfen ... müssen. Als positive Aspekte sind sicherlich die Ergebnisse in Wissenschaft und Forschung zu sehen, aber auch deren praktische Umsetzung in der Produktion. Allerdings haben wir nicht oder zu spät erkannt, dass uns in Asien eine ernst zu nehmende Konkurrenz langsam das Wasser abgräbt. Ist daran, bei über 2,5 Millionen Arbeitslosen in Deutschland (Stand: 11/2011), wirklich der so stark gestiegene Fachkräftemangel schuld? Fachkräftemangel, verursacht durch mangelhafte, inkonsequente Schulbildung durch den Staat, Volksverdummung durch die privaten Medien und von den Firmen verweigerte Lehrlingsausbilung und vernachlässigte Weiterbildung der Mitarbeiter! Die deutsche Führungselite von Staat und Wirtschaft hat sich die Suppe selbst eingebrockt! 

 

Unsere Industrie-Manager sind heute, 2011, immer noch der Meinung, ein Arbeitnehmer gehört bereits mit 40 Jahren zum alten Eisen, soll abgeschoben werden zu Hartz IV. Aber gleichzeitig proklamieren sie den absoluten Fachkräftemangel, der angeblich unsere Wirtschaft zu Grunde richtet! Ich frage mich dann, warum sie zur Zeit immer noch rund 30.000 erfahrene, eingearbeitete Leute ausstellen wollen - trotz dieses Fachkräftemangels? In Wirklichkeit wünschen sich die Personalchefs nur billige Arbeitskräfte aus dem Ausland, die dann mit ebenfalls 40 Jahren dem deutschen Steuerzahler zum „Hartzen“ und anschließend zur Verrentung übereignet werden.

 

Von Teamfähigkeit und sozialem Verhalten haben diese Herren an den Schaltzentralen der industriellen Macht, trotz absolvierter Survival-Kurse, keine Ahnung. Es täte vielleicht so mancher Führungskraft ganz gut, ihre im Dschungel-Camp, pardon, im echten Survival-Training erworbenen Kenntnisse über den vernünftigen Menschenverstand und dem logischen Denken wieder einmal aufzufrischen.

 

Selbst hier in den Outdoor-Foren sind die Extrempositionen deutlich zu erkennen. Ich möchte nur einige exemplarische Beispiele herausgreifen: das extrem scharfe Messer, die extrem leichte Ausrüstung und der extrem schnelle Kajak usw. Wenn man es von der Seite der Optimierung aus betrachtet sind das ausgezeichnete Beiträge, die absolut ihre Daseinsberechtigung haben.

 

Ich freue mich jedes Mal, wenn eine noch besserer Schleifmethode eines Messers vorgestellt wird und ich habe mir so manche Anregung zu eigen gemacht, weil ich sie für mich und für meine spezielle Verwendung als Verbesserung ansehe. Das selbe gilt für die Minimierung der Ausrüstung. Auch ich nehme nur das Werkzeug mit, das ich auf meinen Motorrad- und Kajak-Reisen unbedingt benötige und habe in guter alter Manier (Die gekürzte Zahnbürste lässt grüßen.), Ringschüssel in der Mitte auseinandergeflext, um nur die Teile mitzuführen, die ich auch wirklich benötige.

 

Aber meine Homepage bezieht sich auf „Outdoor“ - will heißen: Das Gesamtkonzept der Ausrüstung und des Knowhows muss stimmen! Was nützt mir eine hochgezüchtete Eigenschaft, wenn diese andere Einsatzzwecke einschränkt. Warum wird in anderen Foren immer wieder die extreme Schnelligkeit der Kajaks gepriesen, wenn man die Boote für eine Langfahrt, außerhalb der so verpönten Zivilisation benutzen will und Stauraum benötigt?

 

Für mich ist die Beherrschung der Eskimorolle eine von vielen Sicherheitsaspekte beim Kajakfahren, aber nicht das alleinige Credo. Leider wird dies aber sehr oft in den einzelnen Fachforen vertreten - sicher gut gemeint ... z.B.: im Wildwasser und beim Brandungssurfen unbedingt erforderlich. Aber ehrlich, liebe Kajakfreunde, wer von allen, die die Kenterrolle beherrschen, hat schon einmal einen für eine 1000-km-Küstentour vollgepackten, durchgekenterten Kajak bei Sturm hochgedreht? Hand aufs Herz: Alle?

 

Mit meinen Einwänden möchte ich die Probleme bei einer Großfahrt aufzeigen, keinesfalls die „Rolle“ abwerten! Ich bin der Meinung, dass jede Sicherheitstechnik beim Küstenpaddeln eingesetzt werden soll, soweit dies möglich ist. Ich persönlich versuchte es zwar jedes Mal, wieder hoch zu kommen, habe es aber noch nie ganz geschafft ... immer nur bis zum „Schnaufen“. Das muss ich leider eingestehen.

 

Zwischen den extremen Gesichtspunkten, liegt eine Fülle von weiteren Möglichkeiten, die genutzt werden sollen und müssen. Aus diesem Grund bin ich auf meinen Reisen weder in Not geraten noch habe ich in irgend einer Weise fremde Hilfen in Anspruch nehmen müssen.

 

Hier komme ich wieder auf das Gesamtkonzept zurück, bei dem sich die Summe der einzelnen Aspekte und Überlegungen für einen ganz bestimmten Einsatz optimal vereinigen sollen. Das gilt für die Planung, Ausrüstung, Durchführung und eben auch für die Sicherheit. Da halte ich es mit dem großen griechischen Philosophen Aristoteles und seinem weisen Zitat: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“

 

Deshalb sind für mich die Outdoor-Foren so interessant und wertvoll, weil ich aus der großen Zahl von Empfehlungen, auch wenn sie Extrem-Positionen vertreten, meine persönliche, für mich zweckbestimmte Reisevorbereitung treffen kann. Auch wenn ich mich bei allzu „hochgezüchteten“ Beiträgen und extrem vertretenen Vorschlägen, die als das Nonplusultra in den Ring geworfen werden, hinreißen lasse, darüber ein wenig zu spötteln. Die angesprochenen Foren-Teilnehmer mögen mir dabei bitte verzeihen, einem unverbesserlichen Pragmatiker, der vielleicht genauso extreme Ansichten vertritt, wie sie selbst.