| BR-10 - Wildgemüse: Giersch, mit einem Grundrezept
verfasst 2015 - geändert am 26.05.2015
Das Frühjahr 2015 bietet wieder eine Vielfalt von Wildgemüsen, die für uns „Überlebenskünstler“ von großer Bedeutung sind. Man muss nicht immer teures Kraftfutter aus dem Outdoor-Laden mitnehmen und Konserven oder Trockennahrung aus den Bioläden kaufen. Einfacher ist es, die Nahrung vor Ort, direkt am Lager zu sammeln, oder während unseres täglichen Wanderabschnitts. Der früher beim Militär, im übertragenen Sinn auch von den „Tramps“, so beliebte „Brotbeutel“ ist im Wesentlichen nichts anderes gewesen, als ein Sammelbehältnis für essbare Nahrungsmittel, die man unterwegs gefunden hat. Ist das nicht auch der eigentliche Sinn des Aufenthalts „draußen“, in und von der Natur zu leben: frei zu sein und sich hundertprozentig biologisch und ohne Konservierungsstoffe zu verpflegen?
Heute möchte ich neben den bereits bekannten Wildkräutern, Löwenzahn und Brennnesseln (siehe meinen Beitrag BR-05 - „Outdoor-Risotto mit Wildgemüse“, klicke: “hier“, ein weiteres Wildgemüse vorstellen, das überall in unserer Region wächst, ja wuchert und extrem nahrhaft ist: den Giersch.
Weil das Dreigestirn aus Giersch, Brennnessel und Löwenzahn, im Gegensatz zu den meisten anderen Gemüsesorten, über viele Monate zur Verfügung steht und nur geringe Ansprüche an Boden, Wasser und Lichtversorgung stellt, haben die drei Wildgemüse beispielsweise während der Weltkriege vielen Menschen die nötige Vitaminzufuhr garantiert und den Eiweißbedarf mit pflanzlichen Proteinen ergänzt. Warum sollte eine Notnahrung, die in unruhigen Zeiten das Überleben vieler gesichert hat, nicht auch im Outdoorbereich und in Survivalsituationen zum Einsatz kommen. Vielleicht müssen wir uns in zukünftigen Zeiten sogar wieder zwangsweise an diese sinnvolle Optionen der Nahrungsbeschaffung erinnern.
Bild 01: Der Giersch, ein außergewöhnliches Wild- und meist verkanntes Unkraut, weil: „Einmal im Garten, immer im Garten!“ - Aus der einschlägigen Literatur habe ich dann aber erfahren, dass der
- Giersch doppelt so viel Vitamin C enthält wie der dafür bekannte Grünkohl; des weiteren sehr viel Provitamin A (Carotin), und Eiweiß (6,7 g / 100 g Blätter - im Vergleich: Brennnessel: 5,9 g / 100 g, Löwenzahn:3,3 g / 100 g, Zwiebel: 1,4 g / 100 g) sowie außergewöhnlich hohe Mengen an Mineralstoffen und Spurenelementen, besonders Eisen, Mangan, Kupfer, Kalium, Titan und Bor. Ätherische Öle und Cumarine erzeugen den arttypischen Duft der Pflanze.
Giersch kann als Salat oder als Gemüse zubereitet werden. Er erinnert roh in Geruch und Geschmack ein wenig an Petersilie, gemischt mit dem harzigen Aroma einer Mango, gekocht hingegen an Spinat. Als Salat werden vor allem die jungen, kaum entfalteten Blätter bevorzugt. Frische junge Triebe können auch in Aufstriche und Suppen als Würze (Petersilie-Ersatz) gegeben werden. Ältere Blätter eignen sich hingegen nur als Tee oder sie werden gekocht bzw. gedünstet. Die bitteren Stängel sind zäh und sollten wie bei der Brennnessel entfernt werden.
Als Heilkraut wirkt Giersch gegen Gicht, Rheuma und Arthritis und soll außerdem krampflösend, entgiftend und blutreinigend sein. Hierzu möchte ich aber nicht näher eingehen, sondern den Giersch ausschließlich als Outdoor- und Survival-Nahrungsmittel vorstellen.
Bild 02: Drei von drei, das ist die Erkennungsformel der Giersch-Pflanze: An einem dreieckigen Blattstiel sprießen drei gezackte Blätter hervor. Egal wie groß die Blätter oder wie sie aufgeteilt sind: Der Stiel eines Gierschblattes ist immer dreikantig! (Querschnitt eines Blattstiels siehe unten, Mitte) Ein weiteres typisches Erkennungsmerkmal ist der würzige Geruch, welcher beim Zerreiben eines Blattstieles oder eines Blattes entsteht: Viele werden sich dabei an Petersilie, Möhre oder Sellerie erinnern. Tatsächlich ist der Giersch eng mit diesen Nutzpflanzen verwandt; sie gehören alle der Familie der Doldenblütler an.
Andere Mitglieder der Doldenblütler wie der Schierling und die Hundspetersilie sind dagegen sehr giftig. Deren Blätter unterscheiden sich zum Glück deutlich vom Giersch (viel feingliedrigere Aufteilung), der Schierling ist zudem an seinen rötlich-braunen Flecken auf den Stängeln zu erkennen. Siehe dazu unbedingt die einschlägige Fachliteratur.
Bild 03: Giersch in Salzwasser 2 bis 3 Minuten blanchiert und kleingeschnitten zum Weiterverarbeiten oder zum Aufbewahren im Kühlschrank.
Bild 04: Blanchierter Giersch, hier in Großaufnahme.
Grundrezept: Wildkräuter-Triumvirat als Suppe oder Beilage
Nun möchte ich ein Grundrezept für die Wildgemüse-Mischung: Brennnessel, Löwenzahn und Giersch vorstellen, die natürlich vielseitig abgewandelt werden kann - zubereitet in einer Edelstahlschüssel auf meinem auslaufsicheren Spirituskocher mit insgesamt 80 ml Brennstoffinhalt.
Bild 05: Wissenschaftler bestätigen unisono: Brennnessel, Löwenzahn und Giersch (von links nach rechts) enthalten mehr Inhaltsstoffe als die kultivierten Salate und Gemüse und können in der Natur massenhaft gesammelt werden. Sie sind also die idealen Gemüsesorten für unser Outdoorleben, im Überlebensfall und auch in schlechten Zeiten.
Zutaten für zwei Portionen oder für einen sehr hungrigen Wanderer
- 100 g Brennnessel, erntefrisch - gewaschen und kleingeschnitten, 49 kcal - 100 g Löwenzahn, erntefrisch - gewaschen und kleingeschnitten, 54 kcal - 100 g Giersch, erntefrisch - gewaschen und kleingeschnitten, 39 kcal - 100 g Zwiebeln, kleingeschnitten, 40 kcal - 30 ml Pflanzenöl, 248 kcal - 0,5 l Wasser als Suppe; als Beilage evtl. Wasser reduzieren - 1 Brühwürfel, (10 g) 20 kcal - Gewürze, je nach Belieben (Vorsicht: Das Wildgemüse ist von sich aus schon sehr gehaltvoll. Erst probieren und dann entsprechend nachwürzen.)
Energiemenge: 450 kcal bei einem Gewicht des rohen Kochguts von rund 940 g - Wem das zu viel ist, kann das Pflanzenöl weglassen. Damit „speckt“ man das Gericht auf 202 kcal ab. Der Eiweißgehalt dieses Grundrezepts liegt von insgesamt 400 g Frischgemüse bei 17,3 g, was bei Gemüsen mit einer gesamten Energiemenge von nur 182 kcal nicht zu verachten ist.
Zubereitung
Die Zubereitung ist denkbar einfach: Die gewürfelte Zwiebel in dem Pflanzenöl goldbraun anrösten (ca. 10 Minuten), Wasser aufgießen, Brühwürfel auflösen und stufenweise das kleingeschnittene Gemisch vom Wildgemüse zugeben. Man lässt das Ganze auf- und ca. 20 Minuten weiterkochen, bis das Gemüse weich ist. Ich persönlich lasse es so lange auf dem Feuer, bis der Kocher ausgeht. Brenndauer des Kochers insgesamt rund 37 Minuten. Je nach Konsistenz kann das Gericht als Suppe oder Gemüsebeilage angesehen werden.
Kalorienbewusste, die gerne auf das Pflazenöl verzichten wollen, geben einfach alle Zutaten in einen Topf und lassen das Ganze kochen bis das Gemüse gar geworden ist ... oder, wie in meinem simplen Fall, bis der Kocher erloschen ist. Das geht noch einfacher, als oben beschrieben, mindert aber geringfügig den Geschmack.
Bild 06: Die Kochstelle mit allen nötigen Zutaten und Werkzeugen - obere Reihe von links nach rechts: mein obligatorischer Wassertopf, Deckel, Rührschüssel, Holzwender, kleiner Löffel; auf dem Untersetzer erkennt man Griffzange, Trageklotz, Kocher und Topfständer - untere Reihe von links nach rechts: 100 g frischer Löwenzahn, 100 g Zwiebel, 30 ml Pflanzenöl (Ich bevorzuge Rapsöl.), Brühwürfel, 100 g frische Brennnessel, 500 ml Wasser und 100 g frischer Giersch.
Bild 07: Die Wildkräuter sind gewaschen und geschnitten, insgesamt stehen 300 g frisches Wildgemüse zum Kochen bereit.
Bild 08: Zunächst wird die kleingewürfelte Zwiebel in dem Pflanzenöl goldbraun angedünstet ...
Bild 09: ... mit dem halben Liter Wasser aufgegossen und darin der Brühwürfel aufgelöst.
Bild 10: Die Wildkräuter werden nach und nach zugegeben. Das Wildgemüse fällt sehr schnell in sich zusammen, sodass alle Zutaten in die Rührschüssel passen.
Bild 11: Das Gemüse befindet sich nun vollständig in der Rührschüssel und man lässt es jetzt unter ständigem Wenden garkochen.
Bild 12: Nach rund 20 Minuten ist das Wildgemüse aus dem Triumvirat (Löwenzahn, Brennnessel und Giersch) weichgekocht und zum Servieren oder zur Weiterverarbeitung bereit. Wer es nicht so suppig haben möchte, kann noch eine Einbrenne zum Eindicken hinzufügen, das Kochwasser für eine klare Suppe abgießen oder Mehl, Grieß, Haferflocken usw. mit einrühren, um die Flüssigkeit durch Quellen zu binden. Ein kleiner Hinweis: Das Gericht ist durch die Wildgemüse von sich aus schon relativ scharf gewürzt. Also Vorsicht beim Nachwürzen. Ich persönlich verzichte in diesem Fall auf jegliches Würzen. Auch das Salz im Brühwürfel reicht für meine Bedürfnisse völlig aus.
Bild 13: Dieses Wildgemüse stellt eine sehr deftige Mahlzeit dar. Als Getränk passt da am besten ein Bier dazu. Für eine Einzelperson ist die gekochte Menge schon sehr viel, es sei denn, man kommt vom „Holzmachen“ oder von einer Gewalttour. In der Regel kann man den Rest im Kühlschrank oder bis zum nächsten Tag, gut zugedeckt, an einem kühlen Ort (z.B. Erdloch, Schatten, feuchtes Gras, Ufersand usw.) aufheben und dann weiterverarbeiten ...
... zum Beispiel zu einer Reispfanne oder einem Risotto. Darauf werde ich im nächsten Bericht eingehen. |