BP-09 - Rucksack - ultraleicht (150 g)

 

verfasst 2012 - geändert am 20.10.2012

 

Wenn ich auf meinen Seekajaktouren eine Inselerkundigung oder eine kleine Wanderung unternehmen möchte und dabei eine Übernachtung erforderlich wird, muss ich zumindest meine Lagersausrüstung mitnehmen. Dazu benötige ich ein Transportmittel: einen Rucksack, eine Tasche, ein tragbares Bündel oder ähnliches.

 

In einem Kajak ist zwar das Gewicht von untergeordneter Bedeutung, dafür spielt das Volumen eine um so größere Rolle, wenn man sich nicht noch einen Packsack oben auf das Deck schnallen möchte. Das sieht zwar sehr expeditionsmäßig aus, suggeriert dem staunenden Publikum einen „Long-distance Trip“ und gehört bestimmt zu den imagewirksamen Accessoires einer Sonntagnachmittagspaddeltour an der Hafenpromende entlang, hat aber mit Seekajaking eigentlich wenig zu tun. (Smiley: „zwinkern“) Ein Rucksack von der Stange mit entsprechender Größe ist relativ voluminös und man kann ihn im Kajak nicht raumsparend unterbringen.

 

Da habe ich mich an meine „Ultraleicht-Phase“ erinnert, in der ich so ziemlich alles, was schwer und voluminös gewesen war, abgespeckt habe. Damals, am Anfang der 1970er Jahre, hatte ich zunächst mit kleinen Umhängtaschen (Jagdtaschen) experimentiert, aus denen dann mein „Reise-Notfall-Beutel“ entstand, weiter mit dem chinesischen Wickeltuch, in das man seine Ausrüstung eingeschlagen und dann über eine Schulter und quer über den Rücken gehängt und vor der Brust zusammengeknotet hatte. Der Nachteil war, dass man wenig Bewegungsfreiheit hatte und man bei hohen Temperaturen und mehr Anstrengung sehr leicht ins Schwitzen geriet.

 

Das Endergebnis war eine Kombination aus Rucksackträgern und dem in eine Plane eingepackten Transportgut. Ich verstaute alles in einer „Gepäckrolle“, bestehend aus z,B.: meiner Liegematte und dem Tarp mit rund 22 cm Innendurchmesser und einer Länge von rund 55 cm. Das ergab ein Packvolumen von etwas über 20 Litern. Daran befestigte ich die gepolsterten Tragegurte von einem alten Rucksack (Koppeltragegestell von der Bundeswehr) mit Schnüren, so dass ich ein normales „Rucksack-Tragesystem“ erhielt. Das Bündel konnte variabel gestaltet werden und zwar alleine mit dem vorhandenen, zu transportierenden Materialien. Ein separater Packsack war nicht erforderlich und reduzierte dadurch das Gewicht erheblich.

 

 

Bild 01: Mein „Rucksack“ besteht ausschließlich aus einem reinen Transportsystem mit leichten Schlauchträgern und Schnüren zum Verzurren. Das Gewicht beträgt 150 g und das Volumen ist minimal. Mein „Rucksack“ lässt sich platzsparend, bequem in die Spitze des Kajaks stecken. Das Bündel zum Transportieren wird mit den vorhandenen Utensilien (Tarp, Bodenplane usw.) zusammengehalten.

 

Zugegeben: Dieser Rucksack-Ersatz eignet sich nicht für extrem lange Trekkingtouren. Für gelegentliche Tageswanderungen, aber auch für Mehrtagestouren mit Übernachtung bei einem Inselrundgang während einer längeren Seekajak-Reise reicht das System allemal aus, weil in diesen Fällen keine Gewaltmärsche angesagt sind. Auch hier kann man meine „Ultraleicht-Ausrüstung“ kaum mehr toppen, insbesondere weil das Transportvolumen variabel gestaltet werden kann.

 

 

Bild 02: Der Rucksack ist aufgebaut, aus dem Trägersystem, Liegematte und Tarp. Das Transportvolumen beträgt in diesem Fall etwa 20 Liter bei 22 cm Innendurchmesser. Je nach Innendurchmesser kann ich mein gewünschtes Volumen einstellen. Rund 30 cm Innendurchmesser und einem Transportvolumen von dann knapp 40 Litern halte ich für eine gängige Größe, um für Übernachtungen in der Mittelmeerregion gerüstet zu sein.

 

Persönlich gehe ich folgendermaßen vor: Ich rolle meine Liegematte (177 cm x 55 cm) auf den erforderlichen Durchmesser zusammen, umwickle die Rolle mit meinem einmal in der Mitte zusammengefalteten Tarp (300 cm x 200 cm) und befestige die Schlauchträger mit einer Schnur, oben und unten. Das überstehende untere Ende des Tarps rolle ich mit einer eingelegten Schnur bis zur Matte ein, biege die Enden nach oben um und verknote die Schnur an dem Tragesystem mit Paketknoten. Durch den Rollverschluss, wenn er breit gefaltet wird, entsteht ein relativ fester Boden. In die Rolle stopfe ich nun den Schlafsack als Bodenversteifung und darauf kommt nun die restliche Ausrüstung, die ich mitnehmen möchte. Wegen der Liegematte außen ist alles geschützt und es gibt keine Druckstellen am Rücken. Wenn man die Rolle nur weich auffüllt, passt sie sich geschmeidig dem Rücken an. Das obere Ende des Tarps wird in gleicher Weise mit einem Rollverschluss versehen und nach unten umgeschlagen und verschnürt. Der gesamte „Rucksack“ ist dadurch vollkommen wasserdicht geworden.

 

 

Bild 03: Blick in das Innere. Im Prinzip ist es gleichgültig, welche Liegematte man verwendet. Allerdings bestimmt die Breite der Matte die Höhe des Rucksacks.

 

Wer einen empfindlichen Rücken hat oder zu starkem Schwitzen neigt, bindet mit der Tragegestell-Verschnürung noch ein Handtuch als Rückenpolsterung an die Rolle. Natürlich kann man das Ganze individuell abändern: z.B.: anstatt Schnüre, Bänder verwenden, die Rucksackträger durch leichte Gurte ersetzen, Knoten durch Plastikschließen vereinfachen, mit der Bodenplane die Isomatte umhüllen, das Tragesystem mit einem Hüftgurt ergänzen usw. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Und wer das alles als Blödsinn ganz verwirft, auch gut! Niemand ist gezwungen noch wird er angehalten, meinen Vorschlag anzunehmen! Ich möchte nur Alternativen aufzeigen.

 

Unterschiedliche Alternativen entsprechen dem Ergebnis einer Brainstorming-Sitzung: Manchmal führen die ausgefallensten und aberwitzigsten Vorschläge zu einer praktikablen Lösung eines Problems, wenn man sie nur konsequent weiterverfolgt.

 

Dies ist meine Variante eines ultraleichten Rucksacks, entstanden am Beginn der 1970er Jahre, also in einer Zeit, in der sich die Outdoor-Industrie noch nicht etabliert und den Markt übernommen hat aber die ersten Abenteurer als Pioniere bereits daran gedacht haben, ihre Ideen zu vermarkten und ihre Versandhäuser aufzubauen. Damals ist der naturverbundene Individualist noch gezwungen gewesen, selber Überlegungen anzustellen, wie man Gewicht und Volumen sparen und eine persönlich abgestimmte Ausrüstung schaffen kann. Ehrlich gesagt: Das hat unheimlich Spaß gemacht und ich habe eine Unmenge dabei gelernt, im Gegensatz zu heute! Heute wird mehrheitlich konsumiert und das Denken weitgehendst ausgespart. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel, wie es unsere MYOG-Glide immer wieder sehr eindrucksvoll unter Beweis stellt. (Smiley: „lächeln“)

Zusatz

 

Das, was nicht bei den „Outdoorseiten“ steht - Die Outdoor-Industrie und -Handel hat schon längst den Ausrüstungsmarkt übernommen! Mit äußerst aggressiven Werbemethoden versucht sie ihre angeblich „innovativen“ Produkte an den Mann/Frau zu bringen. Leichtgläubige „Outdoorler“ fallen immer wieder auf die Marketing-Strategien herein, manchmal mit ungünstigem Ausgang einer Tour oder schwerwiegenden Sach- und Personen-Schäden. Darauf möchte ich regelmäßig hinweisen. So auch hier:

 

Heute ist das völlig anders: Marketing und Werbung lullen die ehemals noch intakten Gehirnzellen so mancher aktiven Wanderer, moderner Trittbrettfahrer und Outdoor-Einsteiger ein. Viele lassen sich alles aufschwatzen und sind noch stolz darauf, mit einem übergroßen Label als Werbeträger herumzurennen, um zu demonstrieren, dass sie mit dazugehören. Dabei glauben sie, mit Geld auch mangelnde Erfahrung und mangelndes Können ausgleichen und neben der absoluten Sicherheit auch das Wissen über den Naturschutz kaufen zu können. Welch ein fataler Irrtum! Man muss sich nur die permanent steigende Zahl der Unfall- und Schadensberichte durchsehen, um zu erkennen, was Überheblichkeit, Wissensmangel, Unerfahrenheit, Selbstüberschätzung und blinde Technikgläubigkeit alles anrichten können.

 

Der größte Teil dieser „top“ aber oft unzweckmäßig ausgerüsteten Pseudo-Outdoorler, die sich meist durch Gedankenlosigkeit völlig unvernünftig in der Geographie bewegen, sind mit ihrem Verhalten auch dafür verantwortlich, dass der Zugang zur Natur von seiten des Gesetzgebers immer mehr eingeschränkt wird (Jedermannsrecht, Naturparkerweiterung, Betretungsverbote usw.). Aber was scheren sich diese Leute von einem Verbot, um die Natur zu schützen. Hauptsache ein romantisches Lagerfeuer, die verbrannte Erde hinterher interessiert sie nicht: „Nach mir die Sintflut! - Und Morgen düsen wir zu einem neuen Outdoor-Event!“

 

Es ist daher kein Wunder, wenn sich die wirklichen Outdoor-Freaks, die selbstverständlich auch Umweltschützer sind und sich entsprechend unauffällig und ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen in der Natur bewegen, immer mehr von dieser bereits aus dem Ruder gelaufenen Massenbewegung distanzieren, sich schaudernd abwenden und wieder ihre eigenen Wege gehen - mit einem minimalen aber vernünftigen, auch - soweit sinnvoll - modernen und hochwertigen Equipment und nicht mit einer extravaganten, protzigen Ausrüstung nach dem allerneuesten Standard des Ausrüstungs-Katalogs, die angeblich jeder unbedingt haben muss, um nicht „out“ zu sein. Wie heißt ein auf diese Zeitgenossen passender Slogan: „Es ist nicht wichtig, was man hat, sondern was man kann und tut!“. Anders ausgedrückt: „Was nützt einem die Hardware, wenn die Software fehlt.“ Das bayerische Pendant zu diesem Spruch lasse ich lieber ...

 

PS: Falls einem Leser jetzt doch die Emotionen hochkochen, sollte er sich in seiner bequemen Couch erst einmal zurücklehnen, ein paar Entspannungsübungen einlegen, dann ein bisschen in sich gehen, den „Power switch“ der Gehirnströme auf „ON“ stellen und vielleicht darüber nachdenken, warum er sich so echauffiert? Wenn man sich über etwas aufregt, ist man meist selber davon Betroffener und eine gehörige Portion Wahrheit schwingt dabei bestimmt auch mit.

 

PPS: Mir geht es bei meiner Kritik nicht um die Ausrüstungsfetischisten. Auch ich bin mit einem Notebook unterwegs, auch wenn es jetzt schon sehr antik wirkt. Damals war es aber eines der modernsten auf dem Markt, ebenso mein Uralt-GPS, mein noch älteres Handy und und meine neue Schnorchelkamera. Alle passen auch zu meinem Ausrüstungskonzept (Stromversorgung mittels AA-Batterien). Ich benutze diese Utensilien aber aus reiner Bequemlichkeit und Freude, nicht um nicht vorhandenes Wissen, Erfahrung und mangelndes Können zu kompensieren, von dem blinden Vertrauen auf eine erhöhte Sicherheit einmal ganz zu schweigen. Siehe dazu meine zahlreichen Beiträge, in denen ich auf diese einzelnen Punkte explizit eingegangen bin.

 

Ich prangere, insbesondere bei denen, die als „Quasi-Experten“ kaum von der Couch hochkommen folgendes Fehlverhalten an: Leichtgläubigkeit, Kenntnismangel, Erfahrungsdefizit, Überheblichkeit, Unvernunft, Unwissenheit, Rücksichtslosigkeit und die reine Profilierungssucht mittels Outfit und Ausrüstung (Schaulaufen zur reinen Selbstdarstellung: „Rennrad-Fans, die am Parkplatz beim Aumeister am Englischen Garten in München ihre teuren Karbon-Räder von Autodach hieven und es gerade noch die 300 Meter bis in den Biergarten schaffen, um dann dort über ihre „Fahrleistungen“ fachzusimpeln ...), bewundere aber grundsätzlich die geistige und körperliche Leistung einzelner in Quanti- und Qualität der erzielten Outdoor-Ergebnisse, mit oder ohne entsprechendem Equipment.

Ein Forumsmitglied der Outdoorseiten wies auf die Militärseesäcke mit Schultergurte hin, die er für diese Zwecke verwendet. Mit 1300 g sind sie zwar nicht ultraleicht aber trotzdem sehr zweckmäßig.

 

Diesen guten Vorschlag beantwortete ich folgendermaßen:

 

... danke für Deinen Hinweis auf die Militärseesäcke mit Schultergurten. Ich wollte sie (zumindest die Bundeswehr-Version) auch schon in meinem Beitrag anführen, weil sie ja von den Trageeigenschaften her, mit meinem „UL-Rucksack“ identisch sind. Allerdings muss man auch die Seesäcke entsprechend polstern (am besten halt mit der Liegematte). Aber sie lassen sich noch gut und platzsparend zusammenfalten und passen ebenfalls bequem in die Spitze des Kajaks, weil sie sich der Bootsform anschmiegen.

 

In meinem „Seesack“ für die Mopedtouren, es ist die obligatorische Motorrad-Gepäckrolle, kleide ich auch die Innenwand mit meiner sich selbst aufblasenden Liegematte aus, stopfe unten den Schlafsack hinein und dann obendrauf die restliche Ausrüstung. Das ergibt eine sehr weiche Rückenlehne, die ich auf Langfahrten nicht vermissen möchte. Diese Anordnung hat sich auf über 75.000 km für mich definitiv bewährt.

 

 

Bild 01: Mein Moped, dieses Mal nicht in Skandinavien, sondern in Portugal auf dem Weg von Baraganca nach Viseu im Tal des Duero. Bei dieser Rast überprüfe ich gerade die Route, die ich durch das „portugiesische Outback“ (Tras os Montes) gewählt habe. Man kann gut den Packsack zum Anlehnen erkennen. Im heißen Süden kommt man eben mit etwas weniger Gepäck aus. Da haben meine drei Wasserflaschen noch bequem in der Rolle Platz gehabt.

 

So werden Erfahrungen, die ich auf den unterschiedlichen Reisen gemacht habe, zusammengefasst und angepasst, bis ich für mich eine optimale Lösung für den jeweiligen Anwendungszweck gefunden habe.