KN-18 - Dalmatinische Inseln 2013 - Feststellung der Abdrift

 

verfasst 2013 - geändert am 13.08.2013

 

Am letzten Tag unserer Seekajak-Tour 2013 in Dalmatien hatten wir nur eine relativ kurze Strecke von rund 14 km zu bewältigen. Deshalb ließen wir uns auch genügend Zeit mit dem Frühstückskaffee, mit dem Einpacken und dem Einbooten.

 

 

Bild 1: Wir nahmen gebührend Abschied von der Insel Mali Krbela, von ihrer Wildheit, ihrer Schönheit und von ihren Mücken.

 

Gegen 09.00 Uhr starteten wir zu unserer Abschlussfahrt. Gleich zu Beginn legten wir den Kompasskurs, 320 Grad, fest und suchten uns einen markanten, gut sichtbaren Fixpunkt in Zielrichtung. Es war eine Kirche auf einer Anhöhe (Kirche der heiligen Mutter Gottes von Karmela auf dem Berg Okit) ziemlich genau über Srima, unserem Zielort (323 Grad).

 

Ich hatte mir vorgenommen, auf einer geraden Strecke zu paddeln. Das musste nicht sein, denn der Kanal zwischen Festland und den Inseln Zlarin und Prvik war nur knapp 2 km breit. Man konnte sich ja nur in dieser schmalen Rinne bewegen und deshalb auch nicht in eine prekäre Situation geraten. Trotzdem war es für mich eine kleine Herausforderung. Der Hintergedanke war außerdem, an dem Beginn der Ortschaft Srima anzukommen und dann bei einer reinen Küstenfahrt den Strand zu suchen, an dem wir eingesetzt hatten.

 

Allerdings hatte ich nicht mit GPS die Koordinaten unserer Einbootstelle bestimmt und bei der Abfahrt auch nicht zurückgeschaut, um mir das Panorama des Strandes einzuprägen. Ein Photo zu schießen, hatten wir ebenfalls vergessen. Wir wollten am Anfang nur los, endlich die Zivilisation hinter uns lassen! Ein Fauxpas, den wir am letzten Paddeltag noch zu spüren bekamen.

 

Um auf dem direkten Kurs bleiben zu können, musste ich während der Fahrt regelmäßig kontrollieren, ob ich nicht abgetrieben werde. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten.

 

Einhaltung des Kompasskurses:

 

In diesem Fall paddle ich primär nach Kompass, 320 Grad, und stelle die Abweichung im Gelände fest. Das heißt, ich beobachte meinen Kajakbug, ob das anvisierte Ziel noch über dem Bug steht. In meiner konkreten Situation bedeutet das, wenn der Bug links vom Ziel bei 320 Grad (etwa nördliche Richtung) abweicht, werde ich nach Westen versetzt, zeigt der Bug eventuell rechts am Ziel vorbei, drifte ich nach Osten. Dementsprechend muss ich jeweils in die andere Richtung korrigieren, in etwa um den doppelten Abstand, um wieder auf den alten Kurs zu kommen.

 

Einhaltung des Kurses durch Peilung über die Kajakspitze:

 

Wenn ich immer auf das Ziel zupaddle und es genau über die Kajakspitze anvisiere, kann ich bei einer starken Strömung eine Hundekurve fahren. Um das rechtzeitig feststellen zu können, ist es unbedingt notwendig, zugleich den Kompass zu beobachten. Weicht der Kurs nach Westen ab, verringert sich die Kurszahl (z.B.: von 320 Grad auf 315 Grad) Nach Osten abgewichen, erhöht sich die Kurszahl (z.B.: von 320 Grad auf 325 Grad). Um auf dem genauen Kurs zu bleiben, muss ich dann um etwa den doppelten Betrag der abgewichenen Gradzahl in die entgegengesetzte Richtung steuern.

 

Wann ist der alte Kurs wieder erreicht:

 

Habe ich eine Korrektur eingeleitet, muss ich natürlich ermitteln, wann ich wieder auf dem richtigen Kurs bin. Dabei visiere ich erneut das Ziel an und beobachte gleichzeitig den Kompass. Liegt das Ziel (Kirche) über dem Kajakbug und zeigt der Kompass den ursprünglichen Kurs (320 Grad) an, befinde ich mich wieder auf meinem vorgegebenen Kurs. Will ich genau diese Richtung einhalten, muss ich ab jetzt der Abdrift entgegenpaddeln und zwar um den Betrag, den ich zuvor abgetrieben worden bin (z.B.: bei einer westlichen Abdrift von 5 Grad, anstatt die geplanten 320 Grad, jetzt 325 Grad).

 

Es ist nicht erforderlich, eine Änderung um 90 Grad vorzunehmen, um auf den kürzesten Weg wieder in die richtige Spur zu gelangen. Es genügt, einen Kurs entgegenzusteuern, der über der Abdrift liegt, um den Fehler auszugleichen. Man will ja keinen abrupten, mit extremen Richtungswechseln äußerst kraft- und längenaufwändigen „Sägezahn“ paddeln, wenn eine leichte, elegante „Schlangenlinie“ ausreicht.

 

Bei unserer Überfahrt stellte ich nach etwa 4 Kilometern, ungefähr auf der Höhe der Insel Zlarin eine westliche Abweichung von 5 Grad (Kompassanzeige 315 Grad) fest. Die korrigierte ich, indem ich eine Zeit lang mit einem Kurs von 330 Grad paddelte, bis ich meinen normalen Kurs wieder erreicht hatte. Anschließend setzte ich die Fahrt mit einem Kurs von 325 Grad fort. Ich vermutete, dass die Abdrift von der nördliche Strömung, die in diesem Bereich durch ein Knie des Festlandes (vor der Marina Solaris) nach Westen abgedrängt wurde und zusätzlich von einem leichten Ostwind herrührte.

 

Auf der Höhe des Kanals nach Sibenik, also zwischen den Inseln Zlarin und Prvik bemerkte ich dann, dass die Abdrift in Richtung Westen permanent stärker wurde und ich musste erneut meine Peilung ostwärts anpassen. Bis zum Ortsende von Jadrija erreichte ich dann eine Kurskorrektur von über 20 Grad (Kurs über 340 Grad). Das machte sich auch an dem Kraftaufwand beim Paddeln bemerkbar. Kurz vor der Küste entwickelte sich die Überfahrt wegen der starken Strömung beinahe zu einer „Seilfähre“ wie bei einer Flussquerung bis ich auf den letzten Metern wieder in ruhigeres Fahrwasser gelangte. Letztendlich kam ich aber genau an den ersten Häusern der Ortschaft Srima an, meinem vorgegebenen Ziel. Ich hatte nahezu eine gerade Linie auf dem Meer eingehalten.

 

Dass der Versatz meines Bootes am Endes des Kanals von Sibenik (Kanal Sveta Ante) immer stärker wurde, führte ich auf den längeren Fetch zurück, den der Wind im Kanal zurücklegen konnte und am Kap Jadrija in nordwestliche Richtung gebeugt wurde. Dadurch hatte auch die Strömung aus dem Kanal heraus an Fahrt aufgenommen. Aus manchen Tourismus-Informationen über Dalmatien hatte ich auch herausgelesen, dass die Strömungsgeschwindigkeiten im Kanal Sveta Ante zwischen einem und sechs Kilometer/Stunde (Unsere gemütliche Paddelgeschwindigkeit entspricht etwa 5 km/h.) lägen und Sibenik bekannt wäre für die dort auftretenden starken Fallwinde (Bora).

 

Suomalee, die noch auf der Höhe von Zlarin neben mir paddelte, ließ sich, als die Strömung stärker wurde, mehr zur Insel Prvic abtreiben und fuhr dann ein Stück an dieser Insel entlang. Währenddessen waren wir gut 700 m voneinander entfernt. Wir trafen erst wieder etwa in der Mitte der Ortschaft von Srima zusammen. Allerdings hatten wir zu diesem Zeitpunkt den Strand, an dem wir eingebootet waren, bereits verpasst und fuhren dann gemeinsam, bis zu einem Anleger, den wir bei der Ankunft vor knapp drei Wochen auch schon besichtigt hatten, als wir auf der Suche nach einer geeigneten Einbootstelle waren. Der Platz erwies sich zum Verladen der Boote sogar als noch günstiger, weil Suomalee mit ihrem Auto direkt an den Strand fahren konnte und keine Probleme hatte, dort zu parken.

 

 

Bild 2: Die Strecken unserer letzten Paddel-Etappe, dargestellt auf Google earth: Während ich versucht hatte, auf einer geraden Linie von der Insel Mali Krbela bis nach Srima zu gelangen und natürlich einen entsprechend größeren Aufwand betreiben musste, paddelte Suomalee eine Hundekurve, die sicherlich bequemer und kräfteschonender gewesen war, dafür aber etwas länger. In diesem engen Sund zwischen Festland und den Inseln bestand aber überhaupt keine Gefahr, weiter abgetrieben zu werden, als bis zu den benachbarten Inseln. Zwischen den Inseln Zlarin und Prvic war die Strömung bereits wieder so gering und durch die Insel Zlarin nach Norden abgelenkt, dass Suomalee leicht dagegen anpaddeln konnte.

 

Gegen 12.00 Uhr, also nach rund 3 Stunden Fahrzeit kamen wir am Ziel an und hatten unsere gesamte Seekajakreise ohne nennenswerte fahrtechnische oder navigatorische Probleme abschließen können. Lediglich der stärkere Wind, nahezu während unseres gesamten Urlaubs, war eigentlich nicht eingeplant gewesen, schränkte unsere Tour aber in keiner Weise ein, weil wir uns ihm entsprechend angepasst und gelernt hatten (insbesondere Suomalee in ihrem neuen Seekajak), mit und gegen ihn und seinen Auswirkungen (Wellen, Strömungen, Dünung usw.) zurechtzukommen.

 

Fazit

 

Hier, am letzten Tag unserer gemeinsamen Tour ist uns aber doch bewusst geworden, wie wichtig es ist, über die Eigenschaften und das Verhalten unserer Seekajaks Bescheid zu wissen und Abdriften durch Wind, Wellen und Strömungen rechtzeitig wahrzunehmen und entsprechend ausgleichen zu können. Wären diese Effekte verstärkt bei einer längeren Überfahrt zu einer Insel aufgetreten, wären wir bestimmt in einen größeren Trubel geraten. Unsere beiden Kursverläufe demonstrieren ja gerade, wie leicht man vom vorgegebenen Weg abkommt kann, selbst schon bei geringen Strömungen. An diesem letzten Tag ist jedoch keine besondere Gefahr gegeben gewesen. Ich glaube, dass wir dieses Erlebnis als Erfahrung und als einen Warnhinweis abspeichern werden, um in Zukunft auf solche Situationen vorbereitet zu sein.

 

Auf der Rückfahrt diskutierten wir dann dieses Ereignis und kamen zu folgendem Schluss: Selbst bei einer starken Bora, wäre die Fahrt mit einem kursstabilen Seekajak in dem engen Sund sehr sicher gewesen. Dass man dabei zwischen den beiden Inseln Zlarin und Prvic, knapp eineinhalb Kilometer von einander entfernt, hindurchgetrieben wäre, war kaum zu befürchten. Außerdem wäre es dann auch möglich gewesen, in den Windschatten der beiden Inseln zu paddeln oder zu einer der Felseninseln der Kornaten, die so zahlreich im Westen vorgelagert waren. Diese Optionen hatten wir bereits in der Planungsphase ins Auge gefasst, falls wir am Urlaubsende noch einige Tage zur Verfügung gehabt hätten.

 

 

Bild 3: Auf dieser Seekajak-Reise hatten Suomalee und ich sehr viel über „Seemannschaft“, also über Fahrtentechnik, Bootskenntnisse und -beherrschung, Navigation und Wetter lernen können ... und es machte großen Spaß, sich in dieser Mittelmeer-Region so unabhängig, selbstverantwortlich und nahezu autark bewegen zu können.