KN-07 - Gespräche über Kartenmaterial für das Seekajaking

 

verfasst 2011 - geändert am 2812.2011

 

In meinem Beitrag KP-06 - "Ausrüstung und die Anpassung auf die einzelnen Fahrten" hatte ich unter andrem angegeben, eine  wasserdichte Klarsicht-Kartentasche mit Kartenkopien mitzunehmen. Daraufhin empfahl ein Forumsmitglied der Outdoorseiten die Karten einzulamimieren. Daraus hat sich eine kurze Diskussion über Karten und Navigation entwickelt, speziell für das Seekajaking. die ich hier in diesem Beitrag wiedergeben möchte, enthält sie doch eine Vielzahl von Informationen:

Forumsmitglied:

 

Kartentip - meine Karten laminiere ich ein, schneide sie vorher noch passend zurecht. 2 Löcher rein und ein Band oder Ringe durch, sind dauerhaft haltbar geschützt und leicht um zu blättern.

 

Meine Antwort:

 

Danke für Deinen Kartentipp. Für Revier-Fahrten vor der Haustür, also für Karten, die man ständig benutzt, ist das Einlaminieren eine hervorragende Sache, schützt sie nicht nur, sondern steigert auch den Wert der teuren Unterlagen.

 

Problematisch wird das Ganze aber auf Langfahrten, wenn man eine große Anzahl von Karten mitnehmen muss. Da gerät das Laminieren, ich meine jetzt nicht das Bekleben der Karte mit einer dünnen Schutzfolie, zu einer teuren Angelegenheit und die Karten nehmen an Gewicht und Volumen mit dem Faktor 3 zu, müssen sie doch auf der Vorder- und Rückseite mit einer kräftigen Folie eingeschweißt werden. Natürlich kann man zwei zugeschnittene Kartenblätter auf den Rückseiten zusammenkleben und dann laminieren (setzt den Faktor von 3 auf 2 herab). Ab DIN A 3 wird auch das Verstauen der Folien-Karten durch ihre Steifheit in der Sitzluke problematisch. Man kann sie ja nicht knicken.

 

Meine drei Seekarten (1 : 750.000), die ich für die Adria und Ägäis benutze, haben eine Kantenlänge von rund 110 x 78 cm, und sind bereits auf die Randmaße zugeschnitten. Würde ich sie in DIN A 4 einlaminieren, hätte ich 16 Einzelblätter oder 8 Doppelblätter pro Karte, insgesamt also 48 oder 24 Stück. Gut, man muss nur die Kartenblätter mitnehmen, die das Gebiet der Tour abdecken, da kann man schon reduzieren.

 

Trotzdem bleibt noch ein großer Nachteil: Man kann auf diesen Einzelblätter sehr schwer navigieren, weil in der Regel die Randspalten mit den Grad- und Minuten-Einteilungen ganz oder teilweise fehlen. Nur bei den 4 Eckkarten ist eine einwandfreie Navigation gewährleistet. Seine genaue Position, ermittelt durch GPS, in die einzelnen Kartenteile einzutragen, ist schier unmöglich, wenn man nicht bei jeder einzelnen Gitterlinie auf jeder Karte die Grad- und Minutenwerte extra vermerkt hat. Und selbst dann muss man noch die Abstände zwischen den Gitterlinien herausmessen und in Minuten umrechnen oder die dazugehörenden Randblätter mit anlegen. Peilungen vom Standort zum Zielpunkt werden wegen der häufigen Überschneidung der Kartenteile erschwert, die dann mühsam zusammengelegt und -gehalten werden müssen. Bei den Doppelblättern wird es noch schwieriger, wenn die angrenzenden Kartenteile Rücken an Rücken geklebt sind. Das alles ist aber bei „gebundenen“ Karten kaum möglich, es sei denn, man öffnet jedes Mal die Verschnürung.

 

Deshalb habe ich auf meinen langen Seekajak-Reisen (z.B.: von Grado nach Dubrovnik 2002, von Venedig nach Bari und dann weiter von Igoumentisa nach Rhodos 2003, von Kelheim zur Olympiade nach Athen 2004, von Igoumenitsa nach Volos 2006 oder von Grado zum Peloponnes in Griechenland 2010) gefaltete Karten vorgezogen und ab heuer die aktuelle Kartenkopie in einer wasserdichten Kartentasche aufbewahrt.

 

Bei überschaubaren Seekajak-Revieren, z.B.: Lagunen von Venedig und Grado, Flensburger oder Kieler Förde, die Bodden um Rügen oder Fahrten in einem Inseln-Archipel (Schären, Dalmatininische Inseln), bei denen ein Navigieren (Kursabsetzen) nicht unbedingt nötig ist, weil man sowieso nur auf Sicht fährt (Man dreht den Kajak mit dem Bug auf das Ziel und liest dann am Kompass direkt den Kurs ab, einschließlich der Missweisung.), sind laminierte Karten wirklich sinnvoll und auch meines Erachtens besonders empfehlenswert.

Forumsmitglied:

 

Stimmt, ich habe Deine Platzprobleme nicht und Gewicht spielt auch eine kleinere Rolle, Seekarten im Massstab 1:750.000 sind mir nicht detailliert genug.

 

Die Mühe des Übertragens der Gradzahlen und Minuten ist nicht so schlimm und doppelseitig bedruckte Karten benutze ich nur wenn ich keine adäquate Alternative habe, da das die Probleme beim Zerschneiden bringt , kopiere ich eine Seite. Ich lege Rücken an Rücken und laminiere dann.

 

Manchmal arbeite ich mit Seekarten, ich gleiche aber z.B. gerade schwedische Terräng-Karten, 1:50.000, mit der Betonnung etc. von aktuellen Seekarten von Freunden ab und trage das um, da es vom Öresund bis Varberg keine Sportbootkarten gibt und die Seekarten mir wieder zu groß, unhandlich sind. Auf einem Blatt sind ca. 15 km Luftlinie, manchmal 20 km ich laminiere dann etwas über DIN A 4 hinaus.

 

Es gibt viel überflüssiges Blau auf Karten, wo es Sinn macht trenne ich mich gerne davon und selbst die Waterproof-Karten vom NV-Verlag sind mir mit 90 cm x 60 cm zu groß und unhandlich und haben unlaminiert, weil doppelt bedruckt, im Frühjahr bei ungünstigem Wetter auf dem Limfjord schon sehr gelitten und im Sommer an der Nordseeküste in Dänemark wäre es mit unlaminierten Karten auch sehr unbequem gewesen. Limfjord wird auch nachlaminiert.

 

Für gelochte laminierte Karten gibt es verschiedene völlig unproblematische Befestigungslösungen, da kann ich schnell auch mit der einzelnen Karte arbeiten und wir sind recht gemütlich unterwegs also nicht ständig dabei Karten um zu blättern.

 

GPS habe ich nicht, Peilkompass benutzen, Versatz durch Wind und Strom berechnen geht auch wenn die Abstände zum festen Boden mal größer sind, ich bin das aber auch seit recht jungen Jahren gewohnt und wenn ich meinen Sextanten bräuchte würde ich evtl. auch ein größeres Boot mit Kartentisch wollen, außerdem habe ich oft ein Kind dabei und somit gehe ich seit einiger Zeit höchst ungerne über Distanzen die den Zeitrahmen, von 4 - 5 Stunden. am Stück, sprengen.

 

In GPS ist sicher zu rechtfertigen und bietet noch zusätzliche Sicherheit, ein Handy habe ich ja auch dabei, es ist alles im Fluss, wer weiss was kommt.

 

Meine Antwort:

 

Du schreibst, dass Dir die Seekarten 1:750.000 nicht detailliert genug sind. Das ist völlig richtig, insbesondere an der stark befahrenen Nord- und im südwestlichen Bereich der Ostsee mit den großen Tidenunterschieden. Da ist es gut zu wissen, wo die Fahrrinnen mit ihren Seezeichen liegen und wie ein Priel verläuft.

 

Im Mittelmeer hingegen kann man in der Regel die Gezeiten vernachlässigen. Da hat man nicht die Probleme, sich Priele suchen zu müssen. Untiefen, also Felsen, Sandbänke unter Wasser, sind, gegenüber einem Kielsegler, für einen Seekajaker auch nicht das Problem und für einen Plastik-Paddler wie mich schon gar nicht. Mit einem Faltboot hätte ich mir die Haut nahezu bei jeder Tour aufgerissen. Naja, im Falle eines schönen, kostbaren Falters wäre ich auch etwas vorsichtiger damit umgegangen!

 

Dementsprechend können auch die Original-Seekarten einfacher gestaltet sein. Ich benutze die Seekarten nahezu ausschließlich zum Navigieren, wenn ich einen Kurs über eine Bucht oder zu einer Insel bestimmen muss. Zur groben Orientierung über die Lage der Inseln und Küstenverläufe kopiere ich mir Auszüge aus den Seekarten und verwende sie dann in dieser besagten Kartenhülle.

 

Früher hatte ich Fliegerkarten mit Mercator-Projektion im Maßstab 1:1.000.000 benutzt. Aber die waren so detailliert auf Piloten zugeschnitten und mit topographischen „farbenfrohen“ Informationen überfüllt, dass Kopien davon zu unübersichtlich waren. Für meine Zwecke hatten die aber allemal ausgereicht und mich lange begleitet.

 

Auf Langfahrten halte ich von der Küste genügend Abstand, in der Regel zwischen 1 und 3 Kilometern (Sicht zur Strandlinie) und fahre die Strecke meist in einem Zug durch. Weil es eben kein Watt im Mittelmeer gibt (höchstens in Lagunen an der nördlichen Adria, kann ein Bereich trockenfallen), reichen mir dazu Übersichtskarten mit 1:750.000 völlig aus. Beim Ausboote muss ich mir sowieso eine geeignete Lagerstelle suchen, die ich dann nach meiner Checkliste auswähle. Aber dazu benötige ich im Mittelmeer keine genaue Seekarte, weil man sehr nahe an die Küste heranfahren kann, ohne einem Hindernis zu begegnen.

 

Es freut mich, wenn Du schreibst, Du benützt kein GPS. Das verwende ich unterwegs auch nicht - ausschließlich zur Bestimmung des Lagerorts, um die Position in mein Tagebuch mit Länge und Breite eintragen und in die Seekarte mit einem Bleistiftpunkt markieren zu können. Wind- und Stromversatz ermittelt ein GPS-Gerät sowieso nicht. Da ist immer noch der echte „Seebär“ gefragt! Bei kräftigeren Strömungen paddelt ein „GPS-Nautiker“ immer die unangenehme, längere Hundekurve, im Endstadium sogar direkt gegen den Wasserfluss und outet sich erfolgreich, dass er von Navigation und Seemannschaft keinen blassen Schimmer hat.

 

Wie Du, sehe ich in der Elektronik wie GPS, Navi, Radio, Smartphone usw., zumindest noch bei dem heutigen Stand der Technik, nur ein zusätzliches Hilfsmittel, das lediglich dem Komfort und der Bequemlichkeit dient. Wenn die „Elektrotechnik“ einmal ausfällt, aus welchem Grund auch immer, muss man auf sein Wissen, Können und Erfahrung zurückgreifen, also auf die kleinen Grauen Zellen, die sich Gehirn nennen. Ist aber dort nichts gespeichert, dann …

 

PS: Eigentlich brauche ich es nicht unbedingt, aber auf ein Handy möchte ich nicht mehr verzichten, alleine schon, um den täglichen Kontakt mit meiner Familie aufrecht zu erhalten.

Forumsmitglied:

 

Da ist aber erstaunlich viel deckungsgleich. Meine Detailverliebtheit hat verschiedene Gründe, einige hast Du schon genannt, ganz wichtig sind mir Schifffahrtslinien und Fahrwasser wegen unserer geringen Knautschzone. Meine größte Sorge ist überfahren zu werden. In Skandinavien tauchen Schnellfähren so plötzlich und unerwartet vor einem auf, dass man alle Hände voll damit zu tun hat schnell genug aus der Kollisionslinie zu kommen, besser ist da genau zu wissen was wo los ist.

 

Meinen Canadier fahre ich noch offen weil es mir besser gefällt, so kommt es durchaus mal vor, dass ich eine schleichende Windentwicklung verpasse oder der Wind plötzlich aufdreht, bei auflandigem Wind ist es dann etwas tricky mich halbwegs trocken durch die Brandung zu mogeln, da hilft Detailgenauigkeit auf der Karte sehr an den Küstenabschnitten die ich nicht wie meine Westentasche kenne, so kann ich doch auf der Karte leicht einen Idealpunkt ausmachen.

 

Ohne Handy würde mich meine Frau nicht ins Kanu lassen, mit Kindern schon gar nicht, insofern ist es gut, dass es das gibt.

 

Ein Auszug dieses Diskurses ist auch in dem Beitrag KE-05 - "Vor- und Nachteile von laminierten Seekarten" zu finden.