| BW-06 - Tarps und wie ich sie verwende
verfasst 2013 - geändert am 18.04.2013
In den letzten 5 Beiträgen habe ich versucht, meine wenigen von mir verwendeten Knoten und Bünde vorzustellen. In diesem Aufsatz möchte ich von der Theorie in die Praxis übergehen und meine Tarps vorstellen, die ich bereits seit über 40 Jahren benutze und wie ich sie aufstelle. Dabei werde ich auch auf meine einfachen Knoten eingehen.
In meinem Beitrag BP-04 - „Outdoor-Unterkünfte von 1960 bis heute“ habe ich meine Ausrüstung zum Übernachten vorgestellt. Darin habe ich zwei Tarps erwähnt, die ich Anfang der 1970er Jahre entworfen und genäht habe.
1 - Mein selbst entwickeltes Tarp zum Wandern
Vor einiger Zeit habe ich in meinem Fundus noch einen Leichtzeltstoff und etwas Zubehör (D-Ringe und Verstärkungsband) entdeckt, von ähnlicher Qualität wie mein erstes Polyester-Tarp. Aus diesen Resten habe ich mir ein kleines Tarp geschneidert mit folgenden Maßen: Länge 285 cm, Breite 195 cm. Leider hat der Stoff für einen quadratischen Grundriss nicht mehr ausgereicht. Die Stoffbahn ist 150 cm breit und rund 4 m lang gewesen. Ich habe sie geteilt (2-Meter-Stücke) und der Länge nach zusammengenäht, mit einem Gurtband unterlegt und an den Enden einen D-Ring zum Spannen eingefügt. Alle vier Seiten sind mit einem Verstärkungsband eingefasst und an den Ecken ebenfalls ein D-Ring zum Verzurren angebracht. An den schmalen Seiten (195 cm) habe ich asymmetrisch ein Grutband über die gesamte Länge von 285 cm aufgenäht und mit zwei D-Ringen versehen. Das Gurtband ist von einer Seite 84 cm und von der anderen Seite 111 cm entfernt. Dadurch habe ich die Möglichkeit, das Tarp auf der Wetterseite bis zum Boden herunterzuziehen, um von Wind und Regen absolut geschützt zu sein. Bei einer Planenlänge von 285 cm liegt man auch bei offenen Seiten und während eines tosenden Sturms relativ trocken unter dem Tarp.
Das Gewicht der Plane beträgt 460 g, das der Schnüre etwa 50 g. Das ergibt summa summarum ein gutes Pfund. Für mich persönlich grenzt das schon an „ultraleicht“. Zeltpflöcke schneide ich mir selbst und wenn ich keine Wanderstöcke dabei habe, auch die Zeltstäbe aus Weiden oder Haselnuss. In der Holledau wuchern diese Gewächse überall. Alternativ hänge ich das Tarp auch zwischen zwei Bäume, an einem Baum und eine Stange, nur an einem Baum als Schrägdach usw. Hier ist eben Phantasie und Improvisation gefragt.
Bild 01: Mein selbst entworfenes Tarp in „Schönwetterposition“. Natürlich habe ich einige Möglichkeiten, die offene Seite abzuspannen - hier zum Beispiel mit einem Mittelstab (weitere Optionen: Bilder 03, 05). Das Tarp ist am Giebel selbst nicht straff gezogen! Es liegt auf der Firstleine lose auf und wird mit den D-Ringen an den Aufstellstangen nur leicht fixiert, damit es nicht verrutscht. Dadurch wird der Stoff nicht allzu stark strapaziert und ein Reißen vermieden.
Bild 02: Mein kleines Tarp aus einer anderen Perspektive. Der Mittelstab ist natürlich zu lang. Normalerweise schneide ich einen Weiden- oder Haselnussstecken in passender Länge ab oder binde ein „Zweibein“ für einen „stabfreien“ Eingang zusammen. Als Aufstellstangen verwende ich in der Regel meine Wanderstöcke (neuhochdeutsch heißt das natürlich: Trekking Poles).
Bild 03: Ohne Mittelstab steht das Tarp in „Sturmposition“. Gut, wenn dabei die längere Rückwand genau zum Wind ausgerichtet ist. Mit langen Abspannleinen öffnet sich die Plane und wird luftiger, auch ohne zusätzlichen Mittelstab oder Seitenstäbe wie in den Bildern 01 und 05.
Bild 04: Die „Sturmvariante“ aus einem anderen Blickwinkel. Verkürzt man die Aufstellstangen (bei teleskopierbaren Wanderstöcken kein Problem) wird die Dachkonstuktion etwas niedriger, dafür aber breiter und nicht so windanfällig, also sturmstabiler und der Regen wird nicht so leicht auf das Lager geweht. Dafür muss man halt dann in das Lager hineinkriechen.
Bild 05: Das selbe Tarp als Sonnensegel aufgespannt. Man sieht: Es gibt genügend Variationen ein Tarp aufzustellen. Letztendlich kann man es sogar als Biwaksack falten, oder als „American Bedroll“. Die Pfadfinder unter uns wissen es bestimmt noch, wie das gemacht wird.
2 - Mein Tarp für meine Solo-Seekajaktouren
Weil ich auf meinen Seekajaktouren nicht so mit den Gewicht geizen muss, habe ich mir als Tarp eine ordinäre Baumarkt-Plane angeschafft, mit einer Größe von 200 cm x 300 cm. Sie ist stabiler, billig und es gibt sie nahezu überall in Europa zu kaufen, um sie bei Verlust oder Defekt ersetzen zu können.
Bild 06: Mein „Baumarktplanen-Tarp“ auf meiner Donautour im Jahre 2004, aufgebaut auf einer kleinen Flussinsel südlich von Wien.
Bild 07: Immer noch das selbe Tarp nach gut 3 Monaten auf dem Campingplatz bei Grado in Italien. Es erfüllt immer noch seinen Zweck mit Bravour.
Bild 08: Zwei Jahre später, 2006, das gleiche Tarp in Sturmpostition am östlichen Finger des Peloponnes mit: abgesenktem Gestänge (um das Mittelstück gekürzt), am Kajak eng anliegender Plane zur Luvseite und zusätzlicher Beschwerung der Abspannpunkte (Heringe) mit Steinen. In dieser Version hätte das Tarp auch einen heftigen Sturm ausgehalten. Allerdings wäre dann der Standort nicht gerade in idealer Position zum Ufer und der Umzug zu einem erhöhten Lagerplatz zwingend erforderlich gewesen. Zum Glück ist aber der heftige Wind mit zunehmender Brandung ausgeblieben.
Bild 09: Nach 7 Jahren und insgesamt rund 7 Monaten Einsatz und nach über 10.000 km in der Hitze des Mittelmeers, ist die Baumarkt-Plane nach der letzten Seekajaktour von Grado in Italien nach Zakynthos in Griechenland im Jahre 2010 ausgemustert worden und dient heute noch als Abdeckung für das Brennholz.
3 - Großes Tarp für zwei Personen
Wenn man zu zweit unterwegs ist, reicht ein Tarp mit 200 cm x 300 cm nicht mehr aus. Für die Kornaten-Rundfahrt im Jahre 2011, haben wir ein großzügiges Tarp mit 300 cm x 400 cm, aka Baumarktplane, verwendet.
Bild 10: Lagerplatz auf der Insel Dugi Otok an der Westküste: Der „Jugo“ (Schirokko), der warme Südwind aus Afrika, hat vor zwei Tagen zu wehen begonnen. Daher die sturmsichere Abspannung (Plane um das Boot auf der Wetterseite und zusätzliche Beschwerung der Heringe. Hier kann man den Hering aus 6 mm Baustahl sehr gut erkennen. Das ist nicht gerade ultraleicht, aber ein entsprechender kleiner, leichter Zeltnagel hält halt nicht in Sand, Kies und runden Steinen und bei Sturm schon gar nicht.
Bild 11: Einen Tag später hat der Jugo seinen Höhepunkt erreicht und bläht das Tarp mächtig auf. Trotzdem hat alles wunderbar gehalten und den abschließenden Gewitterschauer haben wir trocken abgewettert. Allerdings habe ich noch rechtzeitig den Sitzlukendeckel schließen und den Kajak nach außen kippen können, sonst hätte ich am nächsten Tag den Schwamm zum Trockenlegen der Sitzluke schwingen müssen.
Bild 12: Hier auf der Insel Lavdara hat das Tarp als reines Sonnensegel seinen Zweck erfüllt, mit improvisierten Klemmkeilen auf der einen Seite im Felsen verankert und zum Kajak über die Aufstellstangen abgespannt.
Bild 13: Auf Mali Sikavac sind Mitte September 2011 in der Frühe starke Nebelschwaden über die Insel gezogen. Das ist sicherlich ein Nachteil, wenn man mit einem Tarp unterwegs ist. Die Wassertropfen sind an der Innenseite der Plane gehangen und so mancher ist auch auf den Schlafsack gefallen. Zum Glück haben wir Kunstfaserschlafsäcke dabei gehabt. Nachdem dann die Sonne die letzten Nebelfetzen vertrieben hat, ist binnen kürzester Zeit alles wieder trocken geworden.
Bild 14: Vor Antritt der Reise habe ich das Tarp einmal zur Probe aufgebaut, um zu sehen, wie man es am besten verwenden kann. Hier zum Beispiel die offene Version mit der man einen entsprechend schönen Ausblick genießen kann.
Bild 15 Die „A-Form“ passt besser zu Regen und Sturm. Unter Umständen muss man die Firstleine, sie besteht aus einer festeren Schnur, doppelt abspannen. Eine weitere Möglichkeit ist, die Aufstellstangen zu kürzen (z.B.: Mittelteil herausnehmen), damit die A-Form flacher und dadurch windschnittiger wird. Das geht allerdings auf Kosten der Höhe.
4 - Detailansichten
In diesem Abschnitt zeige ich noch ein paar Teilansichten des Tarps und wie man dabei nur die einfachsten Knoten anwenden kann, die ich in den vorangegangenen Beiträgen gezeigt habe.
Bild 16: Doppelter Schotstek an eine Überhandschlaufe geknotet. Bei einer Überhandschlaufe ist es unwichtig, welchen Schotstek (rechten oder linken) man verwendet. Er ist immer richtig!
Bild 17: Hier ist eine Überhandschlaufe als Ankerstich, wird auch als Kuhstek bezeichnet, ausgeführt, um an einen D-Ring oder Öse gebunden zu werden. Zum Abspannen des Tarps richte ich mir zuvor die nötige Anzahl an Leinen her, mit einer Überhandschlaufe an beiden Seiten. Sie lassen sich leicht an die Ösen des Tarps befestigen und, wenn der Boden weich ist, kann die Leine ohne Schnurspanner auch mit dem Hering selbst gestrafft werden. Außerdem kann man so leicht und sicher Seile verlängern.
Bild 18: Der Stopperstek, in dem drei Rundtörms den Halteeffekt verursachen. In diesem Fall wird er als Schnurspanner benutzt und funktioniert ausgezeichnet, auch ohne technischen Aufwand. Ich habe ihn mit einer Schlinge (Slip) versehen, weil die Abspannschnur sehr lang ist und hier als kurze Sturmleine verwendet, das Tarp nahe an den Boden halten soll (siehe auch unten, Bild 19).
Bild 19: Ist die Abspannleine zu lang, schlage ich sie direkt am Hering an, mit einem Webeleinenstek und Slip. Bei einer Sturmabspannung kommt das häufig vor, um die Plane nieder zu halten (siehe auch oben, Bild 18). In Wirklichkeit stecke ich den Hering natürlich ganz in den Boden und knote die Leine direkt oben an den Haken. Hier ist der Zeltnagel nur zur Demonstration des Knotens halb herausgezogen und der Knoten nach unten geschoben.
Bild 20: Die Aufstellstange habe ich hier mit einem Webeleinenstek angebunden. Bei kleinen Tarps verwende ich die selbe Anspannschnur auch als Firstleine. Die D-Ringe sind ohne Zug nur aufgelegt oder sie werden mit Extrabändsel zwischen den Zeltstäben leicht in Position gehalten. Das ist dann notwendig, wenn keine Aufstellstangen (z.B.: zwischen zwei Bäumen, Schrägdach an einem Baum usw.) verwendet werden. Ein Stopperstek an beiden Seiten gewährleistet das erforderliche Ausrichten des Tarps auf der Firstleine.
Bild 21: Bei größeren, schwereren Tarps oder in stürmischen Gebieten verwende ich eine eigene festere, dickere Firstleine mit minimaler Dehnung zum Spannen, damit der Stoff des Tarps besser aufliegt. Die dicke Leine ist mit einem einfachen Spierenstich versehen, die dünnere Schnur mit einem doppelten Spierenstich. In der Mitte befindet sich die Spitze der Aufstellstange, oder die Spitze des Wanderstocks. Darauf wird anschließend die Öse des Tarps gelegt. Die Firstleine ist um einige Millimeter kürzer, als der Abstand der Ösen, damit das Tarp nicht übermäßig gespannt wird und die Ösen ausreißen können.
Bild 22: Die Firstleinenabspannung von der anderen Seite gesehen. Natürlich kann man auch andere Knoten oder Befestigungsmethoden verwenden. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Zum Glück gibt es keine festen Regeln und jeder kann sein Tarp aufstellen, wie er gerne möchte.
5 - Fazit
An diesen wenigen Beispielen kann man sehen, wie Knoten in der Praxis eingesetzt werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, für jeden Einzelfall eine spezielle Knüpftechnik anwenden zu können. Besser ist es allemal, eine geringe Anzahl von Knoten voll zu beherrschen und mit ihnen auch blind oder im Dunklen hantieren können, als viele nur so recht und schlecht.
Das gilt insbesondere, wenn es um die Sicherheit von Menschen geht - am Berg, auf See und im Rettungswesen! Diesen wichtigen Hinweis bitte ich unbedingt zu beachten. |