| KL-02 - Beispiele für die Entwicklung meiner Prioritätenliste
verfasst 2011 - geändert am 15.12.2011
Nicht immer hatte ich das Glück, an einem romantischen, sicheren Ort mein Lager aufschlagen zu können. Manchmal war es schon ein wenig unheimlich, ja gespenstisch, eigenartig schaurig und ich hatte mir Gedanken gemacht, wie ich das vermeiden könnte. Davon will ich heute an Hand von einigen Beispielen berichten.
Bild 01: „Die Bucht der regnenden Steine“ nannte ich diese bezaubernde Lagerstelle südlich von Parga in Griechenland. Beim ersten Mal, 2003, hielt ich den Ton des Aufschlagens auf den Kies der permanent herabfallenden Steine noch aus. Manchmal traf ein Stein sogar meinen Iglu. Zum Glück durchschlug keiner der spitzen und scharfkantigen Brocken das Außenzelt. (siehe dazu meinen Beitrag BK-08 - "Outdoor-Unterkünfte von 1960 bis heute", Bild 05. Beim zweiten Mal, 2004 (mein Lager hier auf diesem Bild), war es noch beklemmender, weil ich mit dem Tarp unterwegs war und das Geklimper des Steinschlags besonders gut hören konnte und beim dritten Mal, 2006, verlegte ich meinen Schlafplatz am späten Abend in die menschenleere benachbarte, nachmittags aber mit Seglern stark frequentierte, größere Bucht. Beim vierten Mal, 2010, paddelte ich einfach daran vorbei und suchte mir weiter südlich einen zwar nicht so romantischen, aber dafür sicheren Lagerplatz und wachte am nächsten Morgen entspannt und erholt auf.
Bild 02: Auf der Insel Levitha in der Ägäis, 2003, musste ich mein Lager an einem schmalen Strand mit Ziegen teilen, deren Pferch etwas oberhalb gelegen hatte (auf dem Bild ersichtlich). Der Platz war zwar vom Meer her sicher, weil er in einer tieferen Bucht lag, aber meine vierbeinigen Nachtgefährten ließen mich kaum schlafen. Immer wieder kamen sie ans Gatter und meckerten mich an und dann aus dem Schlaf. Etwas unausgeruht trat ich am anderen Morgen eine Überfahrt von rund 40 km zur Insel Kalymnos an. Rund 3 km nach meinem Lagerplatz entdeckte ich dann am anderen Morgen kurz vor dem Südost-Kap eine schönere und ruhigere Bucht. Ja, wenn ich das gewusst hätte. Aber zu dieser Zeit gab es noch kein „google-earth“.
Bild 03: Auf Kalymnos, 2003, einen Tag nach Levitha, verschob ich mehrmals mein Lager auf höher gelegene Stellen, weil die heftige Dünung von einem Sturm am Tag zuvor die Insel erreicht hatte und die Brandung immer mächtiger wurde. Auf dem Bild kann man das an der dunklen nassen Fläche am Kiesstrand sehr gut erkennen, wie weit das Wasser bereits gegangen war. Ich verlegte mein Lager links hinter den Felsen. Dann allerdings hätte ich nicht mehr viel Möglichkeiten gehabt, mein Lager umzuquartieren. Es war zwar eine Fluchtmöglichkeit für mich um den Felsen herum (rechts im Bild) vorhanden gewesen, aber ich hätte den ausgeräumten Kajak schon weit den Hang hinaufziehen und festlaschen müssen. Siehe dazu auch meinen Beitrag KR-03 - "Das Wettergeschehen in der Adria aus praktischer Erfahrung", Bild 2.
Bild 04: Eine romantische kleine Bucht im Südeosten der Insel Tilos im Jahre 2003. Aber mir wurde es immer unheimlicher durch den Gedanken, wenn plötzlich die Dünung größer werden sollte oder ein Sturm aufkäme. Ich wäre mit dem Kajak nicht mehr weggekommen! Zwar hätte ich fliehen, sogar das Boot noch auf die Felsen hieven können. Aber das alles war mir zu unsicher. So packte ich wieder zusammen und fuhr ein Stück weiter. Ein paar Kilometer entfernt, fand ich dann eine schöne weite Bucht, in der ich eine sorglose und geruhsame Nacht verbringen konnte.
Bild 05: Dieser Lagerplatz war wirklich schön gewesen im türkischen Marmarameer, 2004, allerdings nicht vorgesehen. Das Problem lag einige Kilometer zuvor weiter nordöstlich: Ich war da in eine dicke Schicht aus roten Algen geraten, aus der ich nur mühsam wieder herauskam. Der Brei war so dicht, dass ich mit dem Paddel direkt staken musste. Am Anfang war diese Algenmasse noch relativ dünn und ich dachte nicht daran, dass die Wellen sie verdichten hätten könnten, je weiter ich in die große weite Bucht hineinpaddelte, in der ich eigentlich mein Lager aufschlagen wollte. Mit einem Mal steckte ich fest. Für mich dauerte es eine Ewigkeit, bis ich den Kajak gedreht hatte, damit ich wieder offenes Wasser erreichen konnte. Dafür gönnte ich mir an diesem schönen Strand einen geruhsamen Nachmittag, Abend und eine angenehme Nacht zum Regenerieren.
Bild 06: Wind in Verbindung mit losem Sand sind meine ärgsten Feinde. Ich hatte dieses Lager, 2004, in einer Kuhle mitten in den Dünen an einem Küstenabschnitt im Marmarameer in der Türkei aufgebaut, weil der Wind unten am offenen Strand den Sand überall hingeweht und mich zum „Auswandern“ gezwungen hatte. Hier hatte der Strandhafer den „Sandsturm“ zum Glück weitgehendst eingedämmt. Am nächsten Morgen musste ich den Kajak erst von einer Sandschicht befreien, damit ich die Luken öffnen konnte.
Bild 07: Bucht auf der Nordseite der ionischen Insel Lefkada, 2006. Am frühen Nachmittag verdrückte ich mich noch in den Schatten der Felsen. Aber am Abend wurde es mir immer unheimlicher. Die hohen überhängenden Felsen schienen mich zu erdrücken und ich verlegte in der Dämmerung das Lager in den offenen Teil der Bucht. Dort fühlte ich mich wesentlich sicherer, besser und konnte beruhigt einschlafen.
Bild 08: Noch einmal ein bezaubernder Lagerplatz mit Tücken, auf der Westseite der Insel Lefkada, ebenfalls 2006. In der Nacht begann es zu regnen und Böen klatschten die Wassertropfen gegen die Steilküste. Kleine spitze und scharfkantige Steine lösten sich dabei aus der Felswand und prasselten auf das Tarp, das ich noch in der Nacht aufgespannt hatte. Mir blieb nichts anderes übrig, als mein Lager ganz nahe an die Felsen zu verlegen, was zur Folge hatte, dass das herunterrinnende und tropfende Wasser mein Lager völlig durchnässt hatte. Siehe dazu auch meinen Beitrag KR-03 - "Das Wettergeschehen in der Adria aus praktischer Erfahrung", Bild 3.
Bild 09: Kleine Buchten sind meine liebsten Übernachtungsplätze wie hier 2006 auf der Ostseite der Insel Kefalonia. Es war eigentlich ein idealer Platz, genau nach meiner Lagerplatzliste. Nachteil war nur, dass sich am Nachmittag eines dieser riesigen Kreuzfahrschiffe durch die Mehrenge zwischen Kefalonia und Ithaka schob. Da konnte ich so schön beobachten, wie Bug- und Heckwellen dieses Luxus-Liners auf mich zurasten und meinen Kajak um ein paar Meter landeinwärts versetzten. Ein Sturm hätte in diesem Sund keine so hohen Wellen erzeugen können, aber der Mensch schon! Vorrausschauend hatte ich meine Lagerausrüstung bis an den oberen Rand der Bucht in Sicherheit gebracht und beim Kajak alle Luken geschlossen. Ja, nicht nur die Natur kann einen Seekajaker in Bedrängnis bringen, auch der Mensch mit seiner modernen „Monster-Technik“.
Bild 10: Kefalonia, 2006, Südostseite - erst dachte ich, ich könnte in der Höhle übernachten und hatte mich schon häuslich eingerichtet. Aber als ich in der Nacht ruhig im Schlafsack schlummerte, fielen kleine Sandbrocken von der Decke. Nachdem mich dann einer dieser losen Klumpen traf und zerbröselte, hielt ich es nicht mehr aus und verlegte das Lager nach außerhalb. Ich war mir da nicht mehr so sicher, ob nicht doch die ganze Decke herunterkrachen würde. Als ich allerdings 4 Jahre später wieder an dem Kap vorbeigepaddelt war, stand die Höhle immer noch und wird auch noch weiterhin so bestehen bleiben.
Bild 11: Ich vermutete, es sei ein schöner und sicherer Strand, hier auf dem Peloponnes bei Kyparissia, 2006, das Lager weit genug von der Wasserlinie entfernt. Aber einen Tag zuvor hatte bei Sizilien ein Sturm gewütet und die Dünung erreichte an diesem Nachmittag die Küste des Peloponnes. Zweimal musste ich das Lager verlegen, bis ich einen sicheren Platz gefunden hatte. Mit der Stirnlampe führte ich die letzte Aktion in der Nacht durch. Die hohe Dünung hatte mich am nächsten Tag zu einem Ruhetag gezwungen, mit schönstem Wetter und Windstille, aber mit einer Brandung, die ich lieber vom Land aus genoss.
Bild 12: Sand, 2006, am mittleren Finger des Peloponnes. Diese Begebenheit habe ich in den Beiträgen KP-02 - "Mein Problem mit den feinen Sand" und CF-05 - "Camper-Tour auf den Balkan zu früheren Seekajakzielen - Juli 2011", Bilder 3 und 4 beschrieben und bitte dort nachzulesen. Das war eines meiner fundamentalen Erlebnisse, warum ich so gegen den feinen Sand bin und im und um das Lager lieber Kies, Kiesel und Steine bevorzuge.
Im Laufe der Jahre hat sich aus all meinen Erlebnissen, Erfahrungen und insbesondere aus meinem Bedürfnis nach Sicherheit vor Überfällen (Siehe dazu auch meinen Beitrag KL-01 - "Lagerplatzauswahl und Prioritätenliste".) eine Piroritätenliste für die Lagerplatzsuche entwickelt, die ich Euch nicht vorenthalten möchten. Natürlich gilt diese Zusammenstellung und Reihenfolge nur für mich persönlich. Aber jeder von Euch kann seine eigene Liste aufstellen, in der er die Prioritäten anders setzt oder sie auch gegen seine eigenen Wünsche und Prämissen austauscht. Die nachstehende Liste soll nur als Anregung dienen!
Persönliche Prioritätenliste zur Lagerplatzsuche:
1 - Einsamkeit (als Schutz vor Überfällen) 2 - Boden: Kies, Steine (kein Sand wegen der Verschmutzung des Equipments) 3 - von Seeseite sturmgeschützt (wenn nein, dann Nr. 5 Pflicht) 4 - keine Zufahrt von der Landseite (als Schutz vor ungebetenen Gästen) 5 - Fluchtmöglichkeit, wenn starke Dünung das Wasser steigen lässt (Lagerverlegung) 6 - keine hohen Felsen in unmittelbarer Nähe des Lagers (Steinschlag an Steilküste) 7 - leichtes Aus- und Einbooten 8 - sauberes Wasser 9 - Strand nicht zugemüllt
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