| KE-01 - Mein Seekajak „INUIT ATAQATIGIIT“
verfasst 2011 - geändert am 01.12.2011
Mein Kajak ist ein Prijon Kodiak mit dem Namen „INUIT ATAQATIGIIT“. Natürlich bin ich schon einmal in einem reinrassigen schnellen Seekajak wie dem Barracuda gesessen. Das war in Rosenheim bei Prijon, als der Barracuda neu herauskam. Aus folgenden Gründen bin ich aber bei meinem Kodiak geblieben:
Die Schnelligkeit des Barracuda geht auf Kosten der Bootsbreite, das heißt der Stauraum ist kleiner. Für mich als Langtouren-Paddler ein Nachteil.
Das selbe gilt auch für die Kippeligkeit des Barracuda. Ich ziehe ein gewisse Bequemlichkeit auf langen Reisen vor. Die Kippeligkeit war auch ein Grund, warum Prijon die Produktion dieses Bootes wieder eingestellt hat und jetzt einen neuen Barracuda herausbringt.
Bild 1: Bei meinem Seekajak, einen Prijon Kodiak mit Fußsteuer sind Lenzpumpe und Kompass selbst ein- und aufgebaut - 10 Jahre ist er bereits im Einsatz und hat rund 10.000 km auf dem Wasser zurückgelegt, dreiviertel der Strecke auf dem Meer. Das Paddel ist mit einer Leine gesichert. Hier liegt er 2010 in einer kleinen Bucht im Norden von Kroatien.
Die Sitzluke des Barracuda ist um 11 cm kürzer. Ich bin nur mit Verrenkungen der Beine hineingekommen. Ich sehe darin nicht nur einen Komfortmangel, sondern auch einen Sicherheitslücke bei einem Wiedereinstieg auf dem Meer nach einer Kenterung. In den Kodiak kann ich ohne Hilfsmittel aus dem Wasser einsteigen, indem ich mich auf das Boot schwinge, mich über die Luke ziehe und in einem Zug in den Sitz gleite, damit der Schwerpunkt schnell tiefer liegt. Erst dann winkle ich die Füße an und schiebe sie in die Luke. Mit dieser Methode bin ich auch bei Sturm mit guten 6 Beaufort in den Kodiak gekommen, wenn auch erst nach mehreren Versuchen. Bei einer engen, kurzen Luke muss man mit den Füßen zuerst in die Sitzluke, das heißt, ich muss mich zuvor auf den hinteren Süllrand setzen/stemmen, damit ich die Beine als erste in die Luke bringe, oder sich hinter dem Süllrand auf den Bauch legen, die Füße in das Cocpit stecken und dann mit Rückwärtsrobben und mit gleichzeitigem Sichumdrehen in die Sitzluke rutschen und auf den Sitz gleiten. Bei Sturm und hohen Wellen ohne Hilfsmittel (Paddelfloat) ist das nahezu unmöglich.
Es kommt ganz darauf an, wo man die Prioritäten für sein Boot setzt. Für mich persönlich sind Fahrstabilität, Bequemlichkeit, Sicherheit, großes Packvolumen und Langlebigkeit von Bedeutung. Manchmal muss ich ein wenig schmunzeln, wenn bei Wandertouren die schnellsten Boote gewünscht werden und darüber in den „Fachforen“ heiß diskutiert wird, welches das schnellere sei.
Bild 2: Mein Equipment am Strand von Grado vor dem Verstauen in den Kajak zu Beginn meiner Tour nach Griechenland im Jahre 2010. Es ist schon ein Vorteil, ein Container-Schiff sein Eigen nennen zu dürfen. So bin ich länger autark und muss nicht jeden Tag meine Vorräte ergänzen.
Mein Boot habe ich 2002 im Herbst erstanden, es ist also jetzt (2011) bereits 9 Jahre alt und hat über 11.600 Kilometer auf den Buckel. 2.400 km auf der Donau, den Rest auf dem Mittelmeer.
Geschont habe ich es auf gar keinen Fall. Es wurde grundsätzlich vollbeladen jeden Reisetag über den Boden in das Wasser und am Nachmittag an Land gezogen. Meist war es ein Kiesel-Grund (runde Steine) manchmal Sand, weniger glatte Felsen oder Beton (Slipanlagen), kaum Schotter. Scharfkantige Steine im Mittelmeer vermied ich. Es passierte aber doch ab und zu, dass ich im Wasser darüberhobelte und sich dann ein Span aus dem HTP herausschälte. Aber dicht ist mein Kodiak immer noch.
Bild 3: 2010 - unterwegs südlich von Pula in Kroatien. Die Höhe der Wellen kann man auf diesem Bild nur erahnen. Ich bin aber sehr froh gewesen, in die Bucht von Banjole (oben links) einfahren und dort bei einer Werft den Sturm ein paar Stunden abwettern zu können.
Ein Mangel bei Prijon war der Steuerbeschalg. Der wurde zu Beginn undicht. Ich klebte die Befestigungsschraube zusätzlich zur Verschraubung mit Sekundenkleber fest. Seitdem ist er dicht und nichts rührt sich, auch bei extremer Belastung im Sturm und bei Kontakt mit Felsen.
Ein weiteres Problem machte die Verschraubung der beiden Fußstützenleisten mit der Bordwand. Bereits in der ersten Woche begannen sie zu knarzen. Nachdem ich sie einmal am Mittag in praller Sonne mit einem Kreuzschlitzschraubendreher nachgezogen hatte, war das unangenehme Geräusch ein für alle Mal beseitigt.
Der dritte Punkt war die Splintsicherung am Bolzen der Steueranlage. Die war innerhalb kurzer Zeit durchgerostet und abgefallen (Federstahl). Auch die weiteren Behelfsmittel mit Draht waren nicht befriedigend. Erst als ich auf der Insel Keros in der Ägäis von einem alten aufgelassen Koaxial-Seekabel-Kabel der griechischen Telefongesellschaft den Innenleiter mit „3 Quadrat“ aus Bronze als Sicherung verwende, gibt es keine Probleme mehr. Den Bronzedraht benutze ich noch heute und in meinem Reparaturkit habe ich auch noch ein Stück als Reserve dabei.
Manchmal ist es doch ganz sinnvoll, in der Erholungsphase am Nachmittag nach Strandgut zu suchen!
Bild 4: Mein Lager 2010 in einer einsamen Bucht auf der Insel Unije. Natürlich wurde der Kajak in das Lager mit einbezogen und das Tarp auf der Luv-Seite um den Kajak festgezurrt. So war ich von See her wind- und auch regengeschützt und die Plane stand absolut sicher. Die Flicken auf dem Tarp zeugen von einer jahrelangen Nutzung. Aber diese einfache Schutzplane aus dem Baumart erfüllte auch in diesem Jahr noch sehr zuverlässig ihren Zweck!
Würde ich noch einmal einen Kajak kaufen, er würde auf alle Fälle wieder ein HTP-Boot werden, denn die Robustheit der Prijonboote haben mich überzeugt. Ob das Ding nun ein paar Kilo schwerer ist als die Hightech-Kähne aus Karbonfasern, ist mir eigentlich egal, stabil muss es sein. Karbon und Hightech ist etwas für unsere Technik- und Geschwindigkeit-Freaks. (Da wird in Fachforen darüber diskutiert, ob ein nicht festgezurrter Toggel beim Boottransport auf dem Autodach, der im Wind schlägt, die Bootshaut und die Gelschicht des teuren Karbonschiffes beschädigen kann! Für mich nur noch zum Lachen. Ich kauf mir doch einen Kajak zum Paddeln und nicht um ihn in die Vitrine zu stellen. Dasselbe gilt für mich auch für die Messer! Das sind Gebrauchswerkzeuge und keine Ausstellungsstücke.)
Ob es einen Unterschied ausmacht, wenn die Boote aus PE druckgeblasen (Prijon) oder im Rotationsverfahren wie bei den anderen Herstellern gefertigt werden, kann ich nicht beurteilen, weil mir dazu der Vergleich fehlt. Vom HTP, mit dem ich Erfahrungen gesammelt habe, bin ich aber überzeugt.
Über die Form wäre ich allerdings etwas unschlüssig. Vermutlich würde ich heute mehr zu einem reinen Seekajak (z.B. Prijon Seayak 520) tendieren. Es hat nahezu die selben Abmessungen wie der Kodiak, allerdings 20 Liter weniger Volumen, aber dafür den hochgezogenen Steven.
Bild 5: Wenn ich mir überlege, wie sicher und gutmütig mich mein Kajak im Mittelmeer begleitet hat, ist sein Name INUIT ATAQATIGIIT bestimmt nicht übertrieben. Beständig hat er meinen Drang unterstützt, mich weiter auf dem Meer fortzubewegen und bei meinen Langtouren in neue Dimensionen vorzustoßen.
PS: Übrigens, ich haben meinem Kajak den Namen - INUIT ATAQATIGIIT - deshalb gegeben, weil der Ausdruck soviel heißt wie „Die, die vorwärts wollen“. Diesen Wahlspruch verfolge ich konsequent auf meinen Seekajak-Reisen.
Zur Vollständigkeit: In einer weiteren Übersetzung bedeutet der Begriff „Inuit Ataqatigiit“ auch „Gemeinschaft der Menschen“. Die sozialistische Partei in Grönland nennt sich ebenfalls so, aber mehr in der Bedeutung „Gemeinschaft der Inuit“. Er hat aber mit der von mir gewählten Definition nichts gemeinsam.
|