KW-04 - Windverhältnisse auf Alpenseen (Beaufort-Skala?)

 

 

verfasst 2010 - geändert am 13.01.2011

 

Bei einer Diskussion in einem Forum wurde von einem Kritiker mit äußerst polemischen Mitteln ein Bericht verrissen. Bedauerlicherweise lag dieser Kritiker mit seinen Argumenten völlig daneben. Er hatte die im Beitrag geschätzten Windstärken auf Alpenseen und die dazu eingestellten Fotos mit der Beaufort-Skala und den Bildern von Meereswellen verglichen. Solch eine grobe Fehleinschätzung darf man so nicht ungerügt stehen lassen. Ich habe deshalb meinen Kommentar wie nachstehend abgegeben:

 

Die Beaufort-Skala bezieht sich ausschließlich auf die Windverhältnisse in der Seefahrt, nicht auf die Binnenseen.

 

Der Ingenieur John Smeaton stellte zum ersten Mal 1759 eine Tabelle der Windstärken zusammen. Der Erste Hydrograf der Admiralität, Alexander Dalrymple, machte 1790 in dem Buch „Practical Navigation“ Smeatons Tabelle, etwas abgewandelt, für die Seefahrt bekannt. Beauforts Verdienst beruhte 1806 lediglich darauf, diese Tabelle, erneut etwas angepasst, generell in der Seefahrt einzuführen. Grund dafür war, eine einheitliche, vergleichbare Beschreibung der Winde in den Logbüchern zu erhalten. Soweit der historische Abriss aus Wikipedia.

 

Die Kritiker hier im Forum beziehen sich auf Vergleichsbilder aus der Seefahrt. In engen Alpentälern herrschen aber ganz andere Wind-Verhältnisse. Hier muss die Düsenwirkung der Täler ebenso berücksichtigt werden, wie der zu kurze Fetch (die Strecke, die der Wind zur Verfügung hat, um Wellen aufzubauen). Ein Vergleich mit den Bedingungen wie in der Seefahrt kann daher nicht getroffen werden und führt zu falschen Schlüssen!

 

Wenn der Verfasser des Berichts schreibt: „... Teilweise konnte man nicht mal mehr das Paddel nach vorne bringen ...“, halte ich seine Schilderung für vollkommen glaubwürdig, was die „Windstärke“ betrifft. Dass sich seine Bilder mit seinen Angaben dem Anschein nach nicht decken und Kritik hervorrufen, ist aus den bereits oben zitierten Gründen (zu geringer Fetch, Düsenwirkung, Ablenkung) nachvollziehbar. Im Binnenland kann man nicht aus dem Wellenbild die Windgeschwindigkeit abschätzen! Dafür ist die Spalte „Wirkung an Land“ in der Beaufort-Skala eingerichtet.

 

6 Beaufort bedeuteneine Windgeschwindigkeit von 22 - <28 kn, 10,8 - <13,9 m/s, 39 - <50 km/h. Durch den Düseneffekt sind 6 Beaufort in engen Tälern sehr schnell erreicht. Am Tegernsee hatten wir oft Stürme, bei denen ein „Dagegenanpaddeln“ völlig unmöglich war und wir rückwärts abgetrieben wurden. Dabei waren die Wellen so niedrig, dass wir die Spritzdecke nicht einmal schließen mussten.

 

Der Verfasser schreibt: „Ich weiß, dass es nicht so rüberkommt , aber gegen später konnte ich wie gesagt nicht mehr fotografieren. Auf dem Bodensee hatte ich ein paar mal einen Windmesser mit an Bord und wenn das Ding da 4 oder 5 bft angezeigt hat, war es längst nicht so heftig wie an diesem Tag, obwohl die Wellen höher waren.“ - Ich persönlich kann seine Äußerungen sehr gut nachvollziehen und ... halte sie für absolut glaubwürdig!